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Zukunftspläne

Neun Fragen an den neuen Rektor der TU Dort­mund

Portrait Prof. Manfred Bayer © Roland Baege​/​TU Dortmund
Prof. Manfred Bayer ist am 24. April mit großer Mehrheit zum neuen Rektor der TU Dort­mund gewählt worden.

Wenn man den neu gewählten Rektor interviewen kann, dann reichen drei Fragen nicht. Wir haben Professor Manfred Bayer nach seiner Wahl im April neun Fragen zu den Plänen für seine Amtszeit gestellt – also drei hoch zwei gleich 09.

1. Herzlichen Glückwünsch zur Wahl als Rektor, Herr Bayer. Was haben Sie sich für den Bereich Lehre für Ihren Amtsantritt im September vorgenommen?

Ich möchte die Bedingungen für die Stu­die­ren­den weiter verbessern, insbesondere die Betreuungsrelation. Durch die Verstetigung der Mittel aus dem Hochschulpakt haben die Universitäten nun Planungssicherheit, um zusätzliche Stellen für Hochschullehrende zu schaffen. Auch Seniorprofessuren könnten dabei helfen, dass sich das Verhältnis von Stu­die­ren­den pro Pro­fes­sur verbessert. Zudem müssen wir den Studienerfolg weiter steigern; dazu könnte zum Beispiel ein nulltes Semester dienen...

…eine Nachfrage: Ein nulltes Semester? Das könnte Probleme mit der Regelstudienzeit geben…

Meine Devise hier ist: Geht nicht, gibt’s nicht. Hier könnte es Modelle geben wie zum Beispiel erweiterte Vorkurse, die schon früh im Sommer starten. Wenn es sich unter Studieninteressierten rumspricht, dass so eine Orientierungsphase den Start ins Studium enorm erleichtert, dann kann das nach zwei oder drei Jahren ein Erfolg werden. Es geht dabei ja nicht nur um den Lernstoff, sondern auch um das Kennenlernen von Stadt und Campus sowie um den Kontakt zu anderen Stu­die­ren­den.

2. Durch die Co­rona­krise ist das Cam­pus­leben zum Erliegen gekommen. Wie ist Ihre Haltung zu digitaler Lehre?

Es läuft, wir bekommen das gut hin. Ich hatte auch bereits in meinem Bewerbungsvortrag am 16. Januar – also vor der Co­rona­krise – gesagt, dass ich gern das Angebot an digitaler Lehre und digitalen Prüfungen ausbauen möchte. Aber ehrlich gesagt, fehlt mir persönlich jetzt gerade der Hörsaal: Der Blick in die Ränge, in die Gesichter der Stu­die­ren­den: Haben die das verstanden? Rede ich gerade unverständlich? Dieses Feedback bekommt man in einer gestreamten Vorlesung nicht. Ich vermisse den direkten Kontakt zu den Stu­die­ren­den gerade sehr.

3. Wie sehen Sie die TU Dort­mund in der For­schung aufgestellt?

Die TU Dort­mund ist stark in der For­schung, könnte aber noch von kohärenteren Programmen innerhalb der Fa­kul­tä­ten und über Fakultätsgrenzen hinweg profitieren. Für gewisse Bereiche ist es wich­tig, Drittmittel einzuwerben, um im Forschungswettbewerb mithalten zu können. In manchen Programmen ist die TU Dort­mund da schon gut, etwa bei Sonder­forschungs­bereichen, aus anderen Programmen könnten wir noch mehr rausholen, etwa bei Austauschprogrammen der Alexander-von-Humboldt-Stiftung.  

4. In welchen Geschäftsbereichen des Rektorats möchten Sie Akzente setzen?

Die Ressorts, die derzeit besetzt sind, sind wichtig für die Gestaltung der Universität: Lehre, For­schung, Finanzen und auch Diversitätsmanagement. Aber auch Internationalisierung sollte als Geschäftsbereich im Rektorat verankert sein. Das ist ein Bereich, dem ich im Gremium gern verstärkt Aufmerksamkeit geben möchte.

5. Was fehlt zur Internationalisierung noch aus Ihrer Sicht?

Internationale Wissen­schaft­lerinnen und Wissen­schaft­ler sollten verstärkt nach Dort­mund eingeladen werden, denn sie können nach ihrer Rückkehr als exzellente Botschafter für unsere Uni­ver­si­tät und die Stadt dienen. Dazu muss ihnen ihr Aufenthalt so einfach und unbürokratisch wie möglich gestaltet werden. Eine wichtige Komponente dabei ist sicher auch das geplante neue Gästehaus der Uni­ver­si­tät. Auch englischsprachige Master­studien­gänge könnten dabei helfen, die Internationalisierung zu stärken.

6. Welche Rolle spielt für Sie neben der Internationalisierung das Ruhrgebiet als Wissenschaftsregion?

Wir haben in Dort­mund und im Ruhrgebiet starke Partner vor Ort: Mit manchen außeruniversitären For­schungs­ein­richtungen arbeiten wir schon sehr eng zusammen, etwa mit dem MPI für molekulare Physiologie oder den beiden Leibniz-Instituten. Bei anderen könnte die Kooperation noch enger werden, etwa bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Auch mit der Fachhochschule Dort­mund können wir noch enger kooperieren, bei­spiels­weise im Transferbereich. Die Zu­sam­men­arbeit in der UA Ruhr wird sich sicher noch weiter intensivieren – ohne Kooperation werden wir nicht von den „Kohle-Milliarden“ profitieren, die auf Beschluss der Ruhrkonferenz in gemeinsame Research Center fließen sollen. Und auch die Zu­sam­men­arbeit mit der Stadt Dort­mund ist natürlich von entscheidender Bedeutung für uns, zum Beispiel bei der Umsetzung des Mas­ter­plans Wis­sen­schaft.

7. Ein großes Problem an der TU Dort­mund ist der Platz. Wie könnte man das Raumproblem lösen?

Es sind bereits weitere Neubauten in Planung, um mehr Platz zu schaffen. Wir könnten als TU Dort­mund zudem davon profitieren, dass die FH Dort­mund mittelfristig auf die Brachfläche von Hoesch Spundwand an der Rheinischen Straßen umziehen soll. Dann ergibt sich vielleicht für die TU Dort­mund Gelegenheit, in die FH-Gebäude auf dem Campus Nord zu ziehen. Das wäre wirklich eine Erleichterung für das akute und massive Raumproblem der Uni­ver­si­tät.

8. Wird es ein studentisches Rektoratsmitglied geben?

Mir ist es enorm wich­tig, einen engen und ständigen Kontakt zu Stu­die­ren­den zu halten. Dazu ist ein studentisches Rektoratsmitglied nicht unbedingt notwendig, man kann auch so exzellent zu­sammen­arbeiten, um die besten Studienbedingungen zu realisieren. Die Amtstätigkeit im Rektorat erfordert so viel Zeit, dass ein studentisches Mitglied gar nicht mehr zu dem käme, warum es eigentlich hier ist: zum Studieren. Zumal es im Rektorat wich­tig ist, über mehrere Jahre in konstanter Besetzung miteinander zu arbeiten.

09. Sie sind gebürtig aus Franken, leben aber seit 18 Jahren in Dort­mund. Wo fühlen Sie sich zuhause?

Ich bin Mitglied im lokalen Ballspielverein und habe zwei Dauerkarten. Das beantwortet die Frage hoffentlich. Ich habe mich hier sofort willkommen und wohl gefühlt. Dort­mund ist nun meine Heimat, auch wenn ich manchmal fränkischen Wein und fränkische Bratwürste vermisse.

Gebürtig aus Franken, war Bayer 2002 im Alter von 36 Jahren einem Ruf auf die Professur „Experimentelle Physik mit dem Schwerpunkt Spektroskopie von kondensierter Materie“ an die TU Dortmund gefolgt. Als Wissenschaftler publiziert er seine herausragenden Forschungsergebnisse regelmäßig in hochrangigen Fachjournalen. International vernetzt, pflegt er insbesondere die Zusammenarbeit mit St. Petersburg als Sprecher des ersten deutsch-russischen Sonderforschungsbereichs der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Mehrfach wurde er international für seine exzellente Forschung ausgezeichnet, u.a. als Fellow der American Physical Society (2012) sowie als Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften (2017).