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Spotlight Forschung: Dr. Johannes Albrecht zu seinem ERC Starting Grant

„Ich sehe die Förderung als Auszeichnung für meine bisherige Arbeit“

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Portraitfoto von Johannes Albrecht © Nikolas Golsch​/​TU Dortmund
Dr. Johannes Albrecht ist seit 2016 ERC Grantee im Bereich Experimentelle Physik 5 der TU Dortmund.

Dr. Johannes Albrecht von der Fakultät Physik der TU Dortmund sucht nach bisher unbekannten Teilchen und Kräften, die Hinweise auf eine neue Grundkraft liefern könnten. Seit 2016 fördert der Europäische Forschungsrat (ERC) Albrechts Forschung mit einem ERC Starting Grant in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Das geförderte Projekt PRECISION („Precision measurements to discover new scalar and vector particles“) ist am Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) der Schweizer Großforschungseinrichtung CERN in Genf angesiedelt. Mit einem ERC Starting Grant werden herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ausgezeichnet, die am Anfang einer unabhängigen Forschungskarriere stehen und eine eigene Arbeitsgruppe aufbauen möchten. Im Interview erzählt Dr. Albrecht, woran er genau forscht und was das Besondere an einer Förderung durch den ERC ist.

Dr. Albrecht, mit Ihren Messungen könnten Sie das Standardmodell der Physik widerlegen. Wie kann das gelingen?

Ich möchte die Natur in ihren kleinsten Skalen verstehen. Dafür untersuche ich Teilchen und deren Wechselwirkungen. In der Physik sind vier Grundkräfte bekannt – die Gravitation, der Elektromagnetismus sowie die schwache und die starke Kernkraft. Es gibt jedoch Phänomene, die sich damit nicht erklären lassen. Mit Präzisionsmessungen am Teilchenbeschleuniger LHC am CERN versuche ich daher, möglicherweise existierenden Teilchen auf die Spur zu kommen, die es laut dem Standardmodell der Physik gar nicht geben dürfte. Dafür lassen mein Team und ich in hochenergetischen Prozessen Teilchen aufeinanderprallen und untersuchen die Zerfälle einzelner Partikel. Vor einigen Jahren konnten wir bei einem unserer Experimente am CERN zum Beispiel einen der seltensten jemals gemessenen Teilchenzerfälle beobachten. Dieser hat das Standardmodell letztlich bekräftigt. Sollte es mir und meiner Arbeitsgruppe aber gelingen, verboten geglaubte Teilchenzerfälle nachzuweisen, wäre das ein starker Hinweis für eine neue Grundkraft.

Was ist das Besondere an einer Förderung durch einen ERC Grant?

Das Förderformat ist stark kompetitiv mit einer Erfolgschance von rund zwölf Prozent. Insofern gehen mit einem ERC Starting Grant schon eine hohe Sichtbarkeit und ein gewisses Prestige einher. Das führt wiederum dazu, dass ich sehr qualifizierte Postdocs für die Mitarbeit an dem Projekt gewinnen konnte. Ich empfinde den Grant in erster Linie als eine Auszeichnung für meine bisherige Arbeit und das aktuelle Projekt. Da ich vorher bereits eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe an der TU Dortmund geleitet habe, konnte ich in diesem Rahmen bereits meine wissenschaftliche Selbstständigkeit unter Beweis stellen. Die Fördersumme von 1,5 Millionen Euro kann ich komplett forschungsbezogen verwenden und habe dabei große Freiheiten. Das ist viel wert, da man in der Forschung auf Drittmittel angewiesen ist. Natürlich ist ein ERC Starting Grant auch in Hinblick auf eine Berufung wertvoll.

Wie haben Sie sich auf die Antragstellung vorbereitet?

Als ambitionierter Postdoc habe ich mich natürlich nach möglichen Förderformaten umgeschaut und einige Infoveranstaltungen zu ERC Grants besucht. Für die Antragstellung sollte man sich genügend Zeit nehmen, um sich zum Beispiel mit den speziellen Anforderungen einer EU-Ausschreibung vertraut zu machen. Zudem gilt es, den Plan für ein Fünf-Jahres-Projekt inklusive Personalmittel oder Kostenvoranschlägen für Geräte detailliert und schlüssig auszuarbeiten. So habe ich mit den Überlegungen bereits 2013 begonnen, 2016 habe ich den Grant schließlich erhalten. Sofern man in die engere Auswahl kommt, wird man vom Europäischen Forschungsrat zum Interview eingeladen. Hierfür bietet die nationale Kontaktstelle extra Trainings an. Ich empfehle allen, mit Kolleginnen und Kollegen zu sprechen und diese über den Antrag schauen zu lassen – und umgekehrt auch Anträge anderer gegenzulesen und sich von zentralen Einrichtungen wie der Forschungsförderung beraten zu lassen. Auf diese Weise lernt man, was einen guten Antrag ausmacht.

 

Zur Person:

  • 1999-2005 Studium der Physik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der University of Sydney, Australien
  • 2009 Promotion an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit zur experimentellen Teilchenphysik
  • 2009-2013 Senior Research Fellow am CERN in Genf, Schweiz
  • 2013-2016 Leiter einer DFG-geförderten Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe an der Fakultät Physik der TU Dortmund
  • Seit 2016 ERC Grantee im Bereich Experimentelle Physik 5 der TU Dortmund

 

Weitere Informationen:
ERC Starting Grant
ERC-Services der TU Dortmund 
Überfachliche Beratungs- und  Qualifizierungsangebote für Postdoc und Junior Faculty

 

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