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Spotlight Forschung: Jana Bergmann und Dr. Bhuvanachithra Chidambaram zu geschlechterdifferenzierten Forschungsperspektiven

„Es verbessert letztlich die wissenschaftliche Qualität“

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Foto von Jana Bergmann und Dr. Bhuvanachithra Chidambaram © Hesham Elsherif​/​TU Dortmund
Jana Bergmann (l.) und Dr. Bhuvanachithra Chidambaram sind als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen an den Fakultäten Kunst- und Sportwissenschaften bzw. Raumplanung tätig.

Jana Bergmann und Dr. Bhuvanachithra Chidambaram erforschen an der Fakultät Kunst- und Sportwissenschaften bzw. der Fakultät Raumplanung unterschiedliche Themen, nehmen dabei jedoch einen ähnlichen Blickwinkel ein: Ihre Forschungsprojekte berücksichtigen Geschlechterdifferenzen. Im Rahmen einer Veranstaltung des Projektes „Support for Gender in Research“ (TU-SUGR) der TU Dortmund belegten sie mit ihren Postern gemeinsam den ersten Platz. Im Interview erklären sie, warum es mehr geschlechterdifferenzierte Perspektiven in der Forschung braucht.

Frau Bergmann, Frau Dr. Chidambaram, woran forschen Sie gerade?

Jana Bergmann: Ich beschäftige mich derzeit vor allem mit dem Krafttraining für die unteren Extremitäten und wie man damit Verletzungen vorbeugen sowie die Leistungsfähigkeit steigern kann. Dies ist insbesondere für Frauen in schnelligkeitsorientierten Sportarten von großer Bedeutung. Zu den häufigsten Sportverletzungen der unteren Extremitäten zählt beispielsweise der Kreuzbandriss – ich hoffe, dass meine Ergebnisse eine bessere Prävention und Rehabilitation ermöglichen.

Bhuvanachithra Chidambaram: In meinem Projekt gehe ich der Frage nach, wie in Deutschland Reisezeit genutzt wird. Wir alle wissen, dass Reisen Zeit kostet, egal ob es um längere Strecken oder das alltägliche Pendeln geht. Wird aber diese Zeit noch anderweitig genutzt? Höre ich zum Beispiel beim Reisen Musik, führe ich Telefonate, lese ich oder tausche ich mich mit anderen aus? Hier gibt es teilweise deutliche Unterschiede, bei denen auch das Geschlecht eine Rolle spielt.

Warum ist eine geschlechterdifferenzierte Perspektive in Ihrer Forschung notwendig?

Bhuvanachithra Chidambaram: In meiner Disziplin sind solche Perspektiven bislang eher selten. Leider kann das dazu führen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Verkehrsforschung generalisiert werden, obwohl sie eher Rückschlüsse auf männliche Verhaltensweisen geben. Das ist problematisch, da die Erkenntnisse wiederum die Verkehrspolitik und -planung beeinflussen. Mit meiner Forschung versuche ich zu zeigen, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Verkehrsnutzung gibt und sich ein differenzierter Blick lohnt.

Jana Bergmann: Auch in der Sportwissenschaft wird Forschung häufig allein auf der Grundlage männlicher Stichproben betrieben. Daraus allgemeingültige Aussagen abzuleiten, ist aber problematisch, da etwa die unterschiedliche Anatomie von Frauen und Männern nicht berücksichtigt wird – die Ergebnisse sind also nur zum Teil oder gar nicht übertragbar. Trotzdem ist das in vielen Bereichen noch immer die gängige Praxis, frauenspezifische Forschung findet kaum statt. Studien sollten aber Aussagen zu Frauen und Männern ermöglichen – eine geschlechterdifferenzierte Perspektive verbessert letztlich die wissenschaftliche Qualität.

Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, um geschlechterdifferenzierte Forschung stärker zu unterstützen?

Jana Bergmann: Aus meiner Sicht muss in erster Linie eine Akzeptanz in der jeweiligen Fachdisziplin erreicht werden. Es sollte bei Forschungsvorhaben selbstverständlicher werden, Geschlechter- und Vielfältigkeitsdimensionen schon in der Konzeption eines Projektes mitzudenken. Dabei geht es nicht darum, Frauen gesondert in den Fokus zu stellen, sondern beide Geschlechter gleichermaßen zu berücksichtigen. Bei der interdisziplinären Poster-Session von TU-SUGR wurde deutlich, dass dieses Bestreben sehr viele Forschungsdisziplinen betrifft.

Bhuvanachithra Chidambaram: Stimmt, die Veranstaltung war eine tolle Erfahrung! Man konnte gut sehen, dass viele Disziplinen in unterschiedlicher Weise von einem differenzierten Blick auf Geschlechter profitieren. Aus meiner Sicht spielen hier auch die Fördergeber eine Schlüsselrolle: Ausschreibungen, die dazu ermuntern, eine diverse Perspektive einzunehmen, können ein wichtiger Anschub sein.


Zur Person:

Jana Bergmann

  • 2012-2019 Studium an der TU Dortmund
  • seit 2016 Referentinnentätigkeit beim Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen
  • 2019-2020 Lehramtsanwärterin für Sport und Englisch am Goethe-Gymnasium Dortmund
  • seit 2020 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sport und Sportwissenschaft der TU Dortmund (Bewegung und Training)

Bhuvanachithra Chidambaram

  • 2002-2008 Studium an der Anna University Chennai, Indien
  • 2010-2015 DAAD Forschungsstipendium, HU Berlin
  • 2015 Promotion an der HU Berlin
  • 2014-2015 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dresden
  • seit 2017 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät Raumplanung der TU Dortmund

Weiterführende Informationen:

Support for Gender in Research (TU-SUGR)
Drittmittelberatung des Referats Forschungsförderung der TU Dortmund
 

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