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Spotlight Forschung: Prof. Thomas Hartmann zum Aufbau internationaler Kooperationen

„Ohne internationales Netzwerk wäre ich heute wahrscheinlich nicht Professor“

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Ein Foto von einem Mann mit Brille im blauen Anzug © Thomas Hartmann
Thomas Hartmann ist seit 2021 Professor für Bodenpolitik, Bodenmanagement und kommunales Vermessungswesen an der Fakultät Raumplanung.

Prof. Thomas Hartmann befasst sich an der Fakultät Raumplanung mit Bodenpolitik im Kontext sich verändernder Umweltbedingungen. Gemeinsam mit internationalen Partnern gründete er das Netzwerk „Land4Flood“, das bis Ende 2022 für vier Jahre im Rahmen des EU-Programmes European Cooperation in Science & Technology (COST) gefördert wurde. Im Interview spricht er über die Ideen dahinter und seine Erfahrungen mit internationaler Zusammenarbeit.

Herr Prof. Hartmann, womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschung?

Ich finde es spannend zu verstehen, wie und mit welcher Logik öffentliche und private Eigentümer*innen mit Boden umgehen und welche politischen Strategien sich daraus entwickeln – zum Beispiel in der Raumplanung oder der Wasserwirtschaft. Besonders interessant wird Bodenpolitik bei starken Interessenkonflikten, beispielsweise der Frage, wie sich die Auswirkungen von Hochwasser eindämmen lassen. Öffentliche Institutionen entwickeln dafür Konzepte, sind aber auf die Kooperation von privaten Eigentümer*innen angewiesen, denen oft ein Großteil der Bodenflächen gehört. Das Management von Hochwasser ist noch dazu ein sehr interdisziplinäres Feld – Raumplanung, Recht, Ökonomie und viele andere Perspektiven spielen hier eine Rolle.

Wie kam es zur Gründung des COST-Netzwerkes „Land4Flood“?

Ausgangspunkt war ein internationaler Doktorand*innen-Workshop im Jahr 2013 im niederländischen Utrecht, aus dem sich dann eine kleine Gruppe bildete, die sich nicht nur gut versteht, sondern sich auch gegenseitig vertraut und mit ähnlichen Forschungsfragen beschäftigt. Schließlich entstand die Idee, einen COST-Antrag vorzubereiten – dafür fanden wir eine Anschubfinanzierung aus Tschechien. Der COST-Antrag war eine hervorragende Möglichkeit, um unser Thema zu bearbeiten und gemeinsam weiterzuentwickeln, ohne sich in dem oft starren Rahmen eines Projektes zu bewegen. Wichtig war uns daher von Anfang an: Das ist explizit kein konkretes Forschungsprojekt, sondern eine bottom-up organisierte Plattform für einen vertrauensvollen, offenen und konstruktiven Austausch zu einem gemeinsamen Thema, in unserem Fall die Forschung zum Hochwasserrisikomanagement. Nach vier Jahren ist nun die Förderung ausgelaufen, aber das Netzwerk existiert weiter – inzwischen mit knapp 300 Mitgliedern aus über 40 Ländern. Das Thema ist nicht erschöpft und alle arbeiten mit viel Enthusiasmus und Engagement zusammen und organisieren nun etwa jährliche Konferenzen, um den Austausch fortzuführen. Und wenn man einmal so ein Netzwerk gefunden hat, ergeben sich daraus schließlich gemeinsame Publikationen, Anträge, Forschungsprojekte. Ich gehe so weit zu behaupten, dass ich ohne internationale Netzwerke wahrscheinlich heute nicht Professor wäre.

Wie baut man ein internationales Netzwerk auf? Welche Tipps können Sie geben?

Am besten einfach machen und früh damit anfangen. Man sollte internationale Konferenzen besuchen und sich nicht vor dem Austausch scheuen. Wenn man Kolleg*innen gegenüber neugierig und respektvoll ist, geht es dann fast von alleine. Zum Beispiel kann man sich auch jederzeit einer bestehenden COST-Action anschließen, wenn man kein eigenes Netzwerk gründet. Die erfolgreichsten Projekte ergaben sich bei mir nicht aus dem einen brillanten Gedanken, sondern aus langjähriger und vertrauensvoller Zusammenarbeit – hieraus entsteht Innovation. Natürlich sollte bei Projektideen der internationale Gedanke schon im Thema und der Fragestellung angelegt sein – in dem Moment, in dem ich nach Argumenten für die internationale Zusammenarbeit suchen muss, habe ich schon verloren. Und noch etwas ist wichtig: Der Wert eines internationalen Netzwerkes lässt sich gar nicht hoch genug schätzen, aber es ist eine langfristige Investition. Wer glaubt, daraus kurzfristig Nutzen für sich ziehen zu können und sich egoistisch verhält, läuft dem Gedanken eines Netzwerkes zuwider oder zerstört es sogar. Man braucht also einen langen Atem. Ich kann daher auch alle Vorgesetzten nur dazu ermutigen, junge Wissen­schaft­ler*innen bei der Netzwerkbildung zu fördern – nicht für heute oder morgen, sondern für übermorgen. Es wird sich auszahlen.

Zur Person

  • Studium der Raumplanung an der TU Dortmund und der Universität Kaiserslautern
  • 2009 Promotion, TU Dortmund
  • 2010-2012 Postdoc, Utrecht University
  • 2013-2018 Assistenzprofessur, Utrecht University
  • 2017-2022 Vizevorsitzender der COST Action LAND4FLOOD – Natural Flood Risk Management on Private Land
  • 2018-2021, Assoziierte Professur, Universität Wageningen
  • seit 2021 Professur Bodenpolitik, Bodenmanagement und kommunales Vermessungswesen, TU Dortmund

Weiterführende Informationen:

Drittmittelberatung des Referats Forschungsförderung der TU Dortmund
European Cooperation in Science & Technology (COST)
LAND4FLOOD-Netzwerk
 

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