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Sollten wir nach den Sternen greifen?

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Dr. Sarah Köcher und Dr. Sören Köcher halten Pappsterne in der Hand © Felix Schmale​/​TU Dortmund
Dr. Sarah Köcher und Dr. Sören Köcher vom Bereich Marketing der TU Dortmund haben in einer Studie die Bewertungen von Online- Shoppern mit den Urteilen der Stiftung Warentest zur Qualität von Produkten verglichen. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Bewertung und tatsächliche Qualität meist nicht miteinander übereinstimmen.

Gerade zur Weihnachtszeit ist Online-Shopping eine beliebte Methode, um Geschenke zu besorgen. Vor dem Klick zum Kauf steht meist der Blick auf die Bewertungen anderer Kunden, die das gewünschte Produkt bereits gekauft oder die gewünschte Dienstleistung schon getestet haben. Aber wie aussagekräftig ist die Anzahl der Sterne, die die durchschnittlichen Bewertungen der Kunden verdeutlichen? Sollten wir der Einschätzung der anderen blind vertrauen? Diesen Fragen sind Dr. Sarah Köcher und Dr. Sören Köcher vom Bereich für Marketing der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der TU Dortmund in einer Studie auf den Grund gegangen. Die Forschungsergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe des Journal of Marketing Behavior veröffentlicht.

Als ein Maß für die „objektive“ Produktqualität sammelte das Autoren-Team Testurteile der Stiftung Warentest von insgesamt 2.473 Elektronik-Produkten in mehr als 300 Produktkategorien, die in den Jahren 2014 bis 2017 getestet wurden. Die Testergebnisse wurden in einem nächsten Schritt mit den durchschnittlichen Bewertungen zusammengeführt, die die Amazon-Kundschaft den Produkten gegeben hat. Letztendlich konnten die Wissenschaftler die Testergebnisse und Bewertungen von 1.322 Produkten in 224 Kategorien abgleichen – darunter beispielweise Fernseher, Smartphones oder Staubsauger.

„Objektive“ Qualität und Kundenbewertungen stimmen kaum überein

Die Untersuchung zeigt, dass durchschnittliche Kundenbewertungen nicht notwendigerweise ein gutes Maß für die „objektive“ Qualität eines Produktes sind, obwohl sie von Kunden als zentrales Kriterium bei der Einschätzung von Produkten herangezogen werden. „Nur in 69 von den 224 getesteten Kategorien war der Testsieger bei Stiftung Warentest auch das Produkt mit der besten durchschnittlichen Bewertung bei Amazon. Das bedeutet, dass man nicht unbedingt ein gutes Produkt kauft, wenn man sich für ein Produkt mit einer hohen durchschnittlichen Bewertung entscheidet“, erklärt Dr. Sarah Köcher. Insgesamt stimmten die Einschätzungen der Online-Shopper also kaum mit den Stiftung-Warentest-Ergebnissen überein. Zudem haben die Forscher herausgefunden, dass der Zusammenhang zwischen bewerteter und objektiver Qualität abnimmt, je länger ein Produkt auf dem Markt ist. Bei älteren Produkten gibt es keinen nachweisbaren Zusammenhang mehr zwischen Testurteilen und durchschnittlichen Kundenbewertungen.

Sterne täuschen über Qualität hinweg

Ein weiteres Ergebnis der Marketing-Studie ist, dass bessere Kundenbewertungen den Blick der Käuferinnen und Käufer auf die tatsächliche Qualität von Produkten verschleiern: Je höher die durchschnittliche Bewertung, umso weniger werden Kaufentscheidungen durch die tatsächliche Produktqualität beeinflusst. „Es ist nicht nur so, dass durchschnittliche Kundenbewertungen ein eher schlechter Indikator für die Qualität eines Produktes sind. Hohe durchschnittliche Bewertungen scheinen sogar bis zu einem gewissen Grad über die tatsächliche Qualität eines Produktes hinwegtäuschen zu können“, erklärt Dr. Sören Köcher.