Zum Inhalt
Spotlight Forschung: JProf. Matthias Kortmann und JProf. Alexander Unser zum BMBF-Rahmenprogramm für Geistes- und Sozialwissenschaften

„Je nach Fördergeber folgen Anträge einer eigenen Logik“

-
in
  • Forschung
  • Top-Meldungen
  • Reihen & Dossiers
Porträtfotos von zwei Männern. © Felix Schmale u. Aliona Kardash​/​TU Dortmund
Matthias Kortmann (l.) ist seit 2017 Juniorprofessor für Religion und Politik an der TU Dortmund und Alexander Unser seit 2019 Juniorprofessor für Katholische Theologie mit dem Schwerpunkt Religionsdidaktik an der TU Dortmund.

JProf. Matthias Kortmann und JProf. Alexander Unser erforschen an der Fakultät Humanwissenschaften und Theologie das Verhältnis von Religion, Gesellschaft und Politik in der Moderne. Gemeinsam haben sie sich erfolgreich auf eine Ausschreibung im Rahmenprogramm „Gesellschaft verstehen – Zukunft gestalten“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) beworben. Im Interview erläutern sie, worum es in dem geförderten Forschungsprojekt geht, warum der gesellschaftliche Austausch dabei so wichtig ist und was sie aus dem Antragsprozess gelernt haben.

JProf. Kortmann, JProf. Unser, woran forschen Sie gerade?

Alexander Unser: Mich interessiert, unter welchen Bedingungen Religion positive oder negative Auswirkungen auf das individuelle und gesellschaftliche Leben hat. Wie kann sie beispielsweise dabei helfen, die psychischen Belastungen während der Corona-Pandemie zu bewältigen? Und wie gelingt eigentlich der Austausch zwischen Menschen mit religiösen und nicht-religiösen Perspektiven: Haben wir es da mit Vorurteilen und geschlossenen Weltbildern zu tun oder sind Verständigungsprozesse möglich?

Matthias Kortmann: Für mich ist die sozialpolitische Rolle von religiösen Organisationen besonders interessant. Religiöse Träger erbringen ja Versorgungsleistungen etwa in der Flüchtlingshilfe und arbeiten auch im Auftrag des Staates. Aber stimmen die Erwartungen des Staates mit denen der kirchlichen Träger überein oder gibt es Konflikte? Darüber hinaus untersuche ich auch parteipolitische Auseinandersetzungen über die öffentliche Rolle von Religion in Zeiten von Säkularisierung und religiöser Pluralisierung.

Warum ist die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Akteuren aus der Praxis für Ihr Projekt zentral und welche Herausforderungen bringt das mit sich?

Matthias Kortmann: In unserem BMBF-Projekt Zusammenhalt in Europa durch Religion? untersuchen wir, inwieweit sich religiöse Gemeinden in der Flüchtlingsarbeit und im interreligiösen Dialog engagieren und dadurch gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Wir vergleichen katholische, protestantische und muslimische Gemeinden in drei europäischen Ländern: Deutschland, den Niederlanden und Polen. Dafür muss man natürlich vor Ort sein und mit den Menschen sprechen, um die unterschiedlichen Gemeinden und Rahmenbedingungen kennenzulernen. Außerdem wollen wir Ergebnisse unserer Forschung wieder an die Akteure vor Ort zurückgeben und sie so bei der Optimierung ihrer Arbeit unterstützen. Daher passte es auch gut, dass die Ausschreibung des BMBF stark auf gesellschaftliche Kohärenz und Anwendungsorientierung zielte. Die Kontaktaufnahme und Netzwerkbildung mit den Gemeinden verlief ganz klassisch per Telefon und war recht unproblematisch – meist stießen wir auf großes Interesse. Eine der größten Herausforderungen war und ist aber auch für uns die Corona-Pandemie: Das erschwert nicht nur die Interviews vor Ort, sondern durch Kontaktbeschränkungen natürlich auch die Arbeit der Gemeinden selbst und damit unseren Forschungsgegenstand. Das wird sich klar auf unsere Ergebnisse auswirken.

Im BMBF-Programm „Gesellschaft verstehen – Zukunft gestalten“ gibt es laufend neue Ausschreibungen. Haben Sie Tipps für die Antragstellung?

Alexander Unser: Der anwendungsorientierte Fokus des Fördergebers passt zwar sehr gut zu unserem Projekt, trotzdem haben auch wir zunächst noch stark in der Logik von DFG-Anträgen gedacht. Damit kommt man beim BMBF aber nicht unbedingt weit. Hier hat uns das strategische Lektorat des Referats Forschungsförderung enorm geholfen, weil wir auf diesen Umstand früh aufmerksam gemacht wurden und entsprechend nachsteuern konnten. Sinnvoll ist es auch, sich während des Antragsprozesses mit dem Projektträger abzustimmen und in Kontakt zu bleiben, oft erhält man da wertvolle Hinweise. Und man sollte zeitlich flexibel sein: Als wir erfahren haben, dass unsere Skizze positiv evaluiert wurde, mussten wir innerhalb weniger Wochen unseren Vollantrag einreichen und kurzfristig alle Kräfte, auch unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mobilisieren. Das war etwas stressig, aber am Ende hat es sich gelohnt.


Zur Person:

Matthias Kortmann

  • 2010 Promotion in Politikwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
  • 2011-2012 Gastwissenschaftler an der Universiteit van Amsterdam, Niederlande
  • 2012-2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Potsdam
  • 2013-2017 Akademischer Rat a.Z. an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl „Politische Systeme und Europäische Integration“
  • seit 2017 Juniorprofessur „Religion und Politik“ an der TU Dortmund

Alexander Unser

  • 2018 Promotion in Katholischer Theologie an der Universität Würzburg
  • 2012-2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Würzburg, Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts
  • 2017-2019 Nebenberuf als Religionslehrer an der Mönchbergschule Würzburg
  • seit 2019 Juniorprofessur für Katholische Theologie mit dem Schwerpunkt Religionsdidaktik an der TU Dortmund
  • 2019-2021 Mitglied in der Arbeitsgruppe „Unsicherheit Jetzt – Strategien, Praktiken, Ressourcen“ in der Global Young Faculty, Universitätsallianz Ruhr


Weitere Informationen:
„Zusammenhalt in Europa durch Religion“ – Informationen zum Forschungsprojekt 
„Gesellschaft verstehen, Zukunft gestalten“ – Das Rahmenprogramm des BMBF
Drittmittelberatung des Referats Forschungsförderung der TU Dortmund


Alle Interviews der Reihe Spotlight For­schung:
Zur Über­sicht