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Spotlight Forschung: Prof. Roland Winter zu DFG-Verbundvorhaben

„Ein Forschungsverbund braucht gute Voraussetzungen am Standort“

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Porträtfoto von Prof. Roland Winter © Roland Baege​/​TU Dortmund
Prof. Roland Winter von der Fakultät für Chemie und Chemische Biologie lehrt und forscht seit 1993 an der TU Dortmund.

Prof. Roland Winter erforscht an der Fakultät für Chemie und Chemische Biologie die molekularen Grundlagen biologischer Prozesse. Er hat zahlreiche Projekte bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingeworben, darunter ein Graduiertenkolleg sowie zwei Forschungsgruppen, und ist Mitglied des Exzellenzclusters RESOLV (Ruhr Explores Solvation) der TU Dortmund mit der Ruhr-Universität Bochum. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen mit interdisziplinären Konsortien und Verbundanträgen bei der DFG.

Herr Prof. Winter, womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschung?

In der Biophysikalischen Chemie befassen wir uns mit den Grundlagen des Lebens auf molekularer Ebene. Besonders faszinierend ist dabei die Erforschung extremer Umweltbedingungen, wie hohe Drücke in der Tiefsee, extreme Temperaturen oder aggressive Salzlaken: Bis zu welcher Grenze kann Leben existieren und wie passen sich Mikroorganismen daran an? Das sind typische Fragen, die auch Tiefseeforscher*innen und Meeres- oder Astrobiolog*innen interessieren, etwa wenn es um die Bedingungen von Leben auf anderen Planeten geht. In unserem Exzellenzcluster RESOLV beschäftigen wir uns dabei insbesondere mit dem Solvens, also dem flüssigen Inhalt der Zelle und wie er sich unter Stress verändert. Neue Erkenntnisse über dieses hochkomplexe Milieu und das Verhalten etwa von Proteinen darin können bei der Behandlung von Krankheiten helfen.

Wie stellt man ein starkes Konsortium für einen Forschungsverbund zusammen?

Die Chemie beschäftigt sich heute nicht nur mit sich selbst, sondern ist in viele trans- und interdisziplinäre Forschungsbereiche eingebunden, etwa Materialwissenschaften, technische Wissenschaften, Biologie oder Medizin. Durch das Zusammenführen verschiedener Disziplinen erhält man einen Forschungsverbund, der mehr ist als die Summe seiner Einzelteile. Die TU Dortmund hat sich dieser Herausforderung zum Glück schon früh gestellt, bereits Anfang der 2000er-Jahre hat sich die Chemie mit anderen Disziplinen verbandelt. Heute ist interdisziplinäre Forschung für unsere Arbeitsgruppen selbstverständlich, auch mit außeruniversitären Forschungsinstitutionen. Dadurch entstehen langfristige Kooperationen und damit das ideale Umfeld, um gemeinsame Forschungsverbünde aufzustellen. In der Anfangszeit brauchte es dafür aber Engagement, Mut und Vertrauen. Chemische Biologie als Forschungsschwerpunkt? Ich kann mich noch an die ungläubigen Gesichter erinnern, als ich diese Ideen als Dekan das erste Mal vorstellte.

Was braucht es, um erfolgreich einen DFG-Verbund zu beantragen, etwa eine Forschungsgruppe oder sogar ein Exzellenzcluster?

Zunächst braucht es gute Voraussetzungen am Standort. Dazu gehört die Unterstützung des Rektorats ebenso wie entsprechende Einrichtungen, die den Prozess eng begleiten, etwa das Referat Forschungsförderung. Denn interdisziplinäre Zusammenarbeit macht zwar Spaß und bietet einen echten Mehrwert, kostet aber auch viel Zeit und Ressourcen. Essenziell ist natürlich, ausgewiesene Wissen­schaft­ler*innen für das Vorhaben zu gewinnen – und dabei auch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis und verschiedene Karrierestufen zu berücksichtigen. Die Führung solcher Konsortien ist durchaus herausfordernd – man sollte wissenschaftspolitisch aktiv sein, muss sich gut vernetzen und strategische Ziele auch durchsetzen können. Am besten funktionieren Konsortien in der Regel natürlich, wenn sich einige Mitglieder schon kennen und erfolgreich zusammengearbeitet haben. Das war bei uns zum Beispiel bei RESOLV der Fall, auch universitätsübergreifend unter anderem mit den Kolleg*innen aus Bochum. So konnten wir unterschiedliche Disziplinen an einen Tisch bringen und ein erfolgreiches Exzellenzcluster zusammenstellen.
 

Zur Person

  • Studium der Chemie und Promotion an der Universität TH Karlsruhe
  • Habilitation an der Philipps-Universität Marburg
  • Seit 1993 Professur für Physikalische Chemie an der TU Dortmund
  • 1997-2006 Sprecher des Graduiertenkollegs „Structure-Dynamics Relations in Microstructured Systems“
  • 1998-2000 erste von drei Amtszeiten als Dekan der Fakultät für Chemie und Chemische Biologie
  • Seit 2001 Mitglied der International Max Planck Research School (IMPRS) for Living Matters
  • 2001-2006 Sprecher der Forschungsgruppe 436 „Polymorphism, Dynamics and Function of Water at Molecular Surfaces“
  • Seit 2012 Mitglied und Executive Board Member des Exzellenzclusters RESOLV („Ruhr Explores Solvation")
  • 2019 Auszeichnung mit der Robert Bunsen-Vorlesung 2020 der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie
  • 2013-2020 Sprecher der Forschungsgruppe 1979 „Exploring the Dynamical Landscape of Biomolecular Systems by Pressure Perturbation"
     

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