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Lerntagebücher, Austausch in Foren und Webex-Konferenzen

Drei Fragen an Prof. Egbert Ballhorn zur Lehre in Coronazeiten

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Porträt von Prof. Ballhorn © Nicolas Golsch​/​TU Dortmund
Prof. Egbert Ballhorn vom Institut für Katholische Theologie verzichtet darauf, Veranstaltungen als klassische Vorlesung anzulegen.

Das Sommersemester 2020 an der TU Dortmund startet mit digitaler Lehre: Über verschiedene Zugänge wie YouTube oder Zoom treten Professorinnen und Professoren mit den Studierenden in Kontakt. Prof. Egbert Ballhorn vom Institut für Katholische Theologie verzichtet dabei darauf, Veranstaltungen als klassische Vorlesung anzulegen.

Herr Professor Ballhorn, zum Auftakt des digitalen Semesters müssen Ihre Studierenden sich mit Texten auseinandersetzen, die Sie bei Moodle eingestellt haben…

...und Arbeitsaufträge bearbeiten. Auch im normalen Lehrbetrieb ist mir in Vorlesungen die Interaktion mit den Studierenden wichtig. Von daher verzichte ich bisher auf das Streaming von Vorlesungen. Denn: „Alle Bildung ist Selbstbildung“. Worum es mir geht, ist, bei den Studierenden einen Selbstlernprozess in Gang zu bringen und diesen zu coachen. Das kann ich im Seminarraum „live“ natürlich besser, wenn ich unmittelbare Reaktionen mitbekomme, auf die ich reagieren kann. Der Fortgang von Vorlesungen und Seminaren hängt für mich auch vom Ablauf dieser Prozesse ab. Lehre und Lernen sind körperliche, kommunikative Vorgänge. Das muss derzeit in andere mediale Formen nicht nur übertragen, sondern übersetzt werden. So setze ich auf eine Mischung aus Lektüreaufgaben, Lerntagebücher, Austausch in Foren und – in regelmäßigen Abständen – Webex-Konferenzen. Die Formen der derzeitigen Lehre setzen ein viel höheres Maß an Motivation, Disziplin und Eigenbeteiligung der Studierenden voraus. Das hat Vor- und Nachteile.

Wenn für Sie der Lernprozess im Vordergrund steht: Bekommen die Studierenden bei dieser Arbeitsweise ausreichendes Faktenwissen?

Faktenwissen ist unverzichtbare Basis. Es geht aber auch um Kompetenzen. Darüber hinaus möchte ich – Theologie ist ein kulturwissenschaftliches Fach – Ideen wecken, Inspirationen, an Motivationen und Einstellungen arbeiten. Das alles findet optimalerweise im Modus der Begegnung statt! Uni ist auch ein Ort, ein Raum, an dem Menschen sich treffen und das Miteinander Gestalt werden lassen. In gemeinsamer Interaktion entsteht Neues. Das müssen wir zurzeit ersetzen. Leichter geht es, wenn die Studierenden und ich uns kennen, da können wir auf gemeinsame Vorerfahrungen und Kommunikationsstile aufbauen. Das trägt auch über die jetzige Zeit hinweg. Ich erlebe aber auch, dass die neuen digitalen Räume, die eröffnet werden, eine andere Intensität ermöglichen; das hat vielleicht etwas damit zu tun, dass wir jetzt alle zu Hause sind und von einem sehr geschützten Raum aus arbeiten; das möchte ich weiter beobachten. Ich habe meinen Studierenden ein ganz großes Lob für ihre fundierten Texte, Fragen und Überlegungen im Forum ausgesprochen. Damit kann ich sehr gut weiterarbeiten.

Kann diese Form der digitalen Lehre den Präsenzbetrieb ersetzen?

Es ist nur ein Notbehelf. Ich sehne mich nach dem Tag, an dem ich meine Studierenden wieder leibhaftig vor mir habe! Zugleich lerne ich Neues, und neue Möglichkeiten tun sich auf. Statt sich mündlich zu beteiligen, schreiben Studierende jetzt bereitwilliger Forenbeiträge, stellen Texte und Skizzen in Moodle ein und teilen sie untereinander und mit mir. Was mir dort an Selbstreflexion zum Vorlesungsthema begegnet, ist beglückend für mich. Das hätte ich im „Normalbetrieb“ niemals so zu Gesicht bekommen. Das wird meine Lehre auch in Zukunft verändern. Insoweit unterstütze ich auch die Fortsetzung der digitalen Lehre in diesem Semester.


Zur Person:
Prof. Egbert Ballhorn (52 Jahre) wurde 2012 an die TU Dortmund berufen. Seine Schwerpunkte sind Exegese und Theologie des Alten Testaments. Er ist Vorsitzender des Katholischen Bibelwerks e.V. und hat an der „Einheitsübersetzung“ der Bibel mitgearbeitet. Vielleicht sind Sie ihm schon als Nikolaus begegnet: Am 6.12. erinnert er an den wahren Sinn dieser Tradition, indem er auf dem Campus und in der Kita Nikolaus-Geschenke überreicht.