Alumniverein der TU Dortmund ehrt Pioniere des Internets
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Trotz grauem Wolkenhimmel schlossen sich rund 70 Ehemalige und Aktive der Dortmunder Fakultät für Informatik dem Rundgang an, um aus erster Hand zu erfahren, wie vier Mitglieder der Informatik-Rechner-Betriebsgruppe (IRB) Deutschland Mitte der 1980er-Jahre durch das EUnet ans Internet anschlossen. Der Dekan der Fakultät für Informatik, Prof. Gernot Fink, nahm die Zuhörer*innen in seinem Grußwort zunächst mit auf eine Zeitreise 40 Jahre zurück in die Vergangenheit: „Die Telefone hatten damals Wählscheiben. Es gab Fax – und zwar ein Gerät für die gesamte Universität. Die Bundespost verfügte als Monopolist über die Leitungen. Und Verbindungen ins Ausland waren sehr, sehr teuer. In dieser Zeit schaffte die IRB einen Rechner namens unido an, der ab 1983 im Rahmen des Drittmittelprojekts EUnet zum Backbone des deutschen Internets wurde.“
Wie es dazu kam, hat – wie so oft im Leben – mit Zufällen und der passenden Konstellation von Menschen zu tun, die zur rechten Zeit Spieltrieb, Mut und Beharrlichkeit bewiesen. Namentlich waren dies die Informatikstudenten Daniel Karrenberg und Axel Pawlik, der wissenschaftliche Mitarbeiter Rüdiger Volk und der Leiter der IRB Dr. Rudolf Peter. So hatte Daniel Karrenberg während eines Auslandsaufenthalts in den USA bei Microsoft eine damals neuartige Form der Korrespondenz per Computer kennengelernt: die E-Mail. Getrieben von der Idee, so etwas fortan auch in Dortmund zu nutzen, begann er, unido mit anderen UNIX-Rechnern der IRB zu vernetzen. Durch eine Standleitung nach Amsterdam kam schließlich der Anschluss ans Internet, das damals vor allem einzelne Forschungseinrichtungen miteinander verband. EUnet hieß das europaweit verteilte Projekt dahinter: European UNIX network. 1985 startete zunächst ein mehrmonatiger Probebetrieb an der Universität Dortmund, danach war sie faktisch Deutschlands erster Internet-Service-Provider. Erst im Jahr 1993 ging der Betrieb über an die EUnet Deutschland GmbH im benachbarten Technologiepark, ein typisches Spin-off-Unternehmen, gegründet von Axel Pawlik und einigen Kollegen.
Keimzelle des deutschen Internets
„Wir haben zu Beginn gar keine kommerzielle Nutzung von Internet oder E-Mail erwartet, sondern darin vielmehr eine neue Art von selbstorganisiertem Kommunikationsnetz gesehen, so wie Amateurfunk“, erzählte Daniel Karrenberg beim Rundgang. Axel Pawlik erinnerte sich daran, wie er als Student Rechnungen für EUnet-Kunden aus Forschung und Entwicklung ausfertigte, auf denen der Begriff Rechnung gar nicht stand, die aber trotzdem bezahlt wurden. Felix Peter verlas eine heitere Grußbotschaft seines 87-jährigen Vaters, der die Universitätsverwaltung immer wieder davon zu überzeugen wusste, noch leistungsfähigere und teurere Leitungen anzumieten in dem Vertrauen, dass das Geld schon wieder reinkomme. Derweil übernahm die IRB 1988 sechs Jahre lang sogar die Verwaltung der DE-Domains. Hier legte Rüdiger Volk die Grundlagen für die heutige DENIC.
Wie diese vier Informatiker rund zehn Jahre zusammengewirkt haben, verbildlicht nun die Stahlskulptur, die beim Rundgang vor dem Gebäude der Fakultät für Informatik an der Otto-Hahn-Straße 14 enthüllt wurde. „Keimzelle des deutschen Internets“ ist der Titel der Plastik, die der Dortmunder Künstler Sebastian Wien geschaffen hat. Sie zeigt vier Keimblätter, die harmonisch zusammengefügt sind, bereit sich zu Größerem zu entfalten. Beauftragt wurde sie vom Alumni-Verein AIDO. Eine Tafel nennt die zahlreichen Stifter*innen, darunter die heutige DENIC ebenso wie Firmen der Region und Privatpersonen.

Hans Decker, Vorsitzender der AIDO, dankte allen, die an der Realisierung der drei Gedenkstücke mitgewirkt haben. Um die Sache rund zumachen, überreichte er den vier Pionieren noch weitere Ehrengeschenke: einen Absolventenschal sowie eine Sonderedition Briefmarken mit ihren Porträts. Schließlich hat die E-Mail Brief und Postkarte in den vergangenen vier Jahrzehnten doch noch nicht völlig abgeschafft.