TU-Forschungsteam stabilisiert Nano-Käfige mit Licht
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Die Chemiker*innen um Prof. Clever erforschen das Prinzip der metallvermittelten Selbst-Assemblierung, mit dem man auf einfache Weise komplexe dreidimensionale Nanostrukturen aus maßgeschneiderten organischen Molekülen und geeigneten Metallionen bilden kann. Dabei entstehen Verbindungen, die zugängliche Hohlräume aufweisen. Diese „supramolekularen Käfige“ können als Wirte kleinere Gastmoleküle in ihrem Innern aufnehmen. Mit dieser Eigenschaft bilden sie interessante Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer selektiver Rezeptoren, enzymartiger Katalysatoren und smarter Materialien.
Im Speziellen beschäftigt sich die Gruppe mit dem Einbau lichtschaltbarer Funktionsbausteine, mit denen die chemischen Eigenschaften des Systems durch Impulse von außen reversibel verändert werden können. So können zum Beispiel die Gastbindung oder strukturelle Umwandlungsprozesse gezielt gesteuert werden. In der kürzlich veröffentlichten Studie zeigen die Dortmunder Chemiker*innen nun erstmals, dass sich durch kontinuierlichen Energieeintrag in Form von Licht solche Wirt-Gast-Komplexe jenseits des thermodynamischen Gleichgewichts halten lassen, während sie beim Abschalten der Lichtquelle wieder in ihre Bestandteile zerfallen.
Chemische Systeme, die in einem Zustand jenseits des thermodynamischen Gleichgewichts operieren, bilden die Grundlage aller Stoffwechselvorgänge des Lebens – und stehen deshalb im Interesse der Forschung. Allerdings verweilen sie dort nur, solange Energie zugeführt und in Form von Wärme und Abfallprodukten abgeführt („dissipiert“) wird. Eine besonders attraktive Methode, Energie in solch ein System einzubringen, ist das Bestrahlen mit Licht, da es ohne materielle Abfälle auskommt. Dazu müssen Farbstoffe die Energie des Lichts aufnehmen und umwandeln können, wie es etwa grüne Pflanzen beherrschen, um Metabolismus und Wachstum anzutreiben.
Bildung eines künstlichen Wirt-Gast-Komplexes
Chemiker*innen entwickeln Modellsysteme, um solche Prozesse nachzuahmen, zu verstehen und zu nutzbaren Anwendungen weiterzuentwickeln.
Die JACS-Publikation beschreibt die dissipative Bildung eines künstlichen Wirt-Gast-Komplexes jenseits des thermodynamischen Gleichgewichts. Dazu hat die Erstautorin Dr. Haeri Lee sogenannte Diazocin-Photoschalter in Koordinationskäfige eingebaut, die durch Bestrahlen mit UV-Licht eine Strukturänderung eingehen und nur in dieser Form kleinere Moleküle als Gäste in ihrem Innern binden können.

„Wichtig ist, dass diese Wirt-Gast-Komplexe nur solange überleben, wie Energie in Form von Licht zugeführt wird. Versiegt diese Energiequelle, strebt das System einen energetisch niedrigeren Zustand an, wobei die Photoschalter sich bei Raumtemperatur unter thermischen Bedingungen in ihren Ausgangszustand zurückwandeln und die Gastmoleküle freigesetzt werden“, erklärt Prof. Guido Clever. „Der Vorgang ist vollständig reversibel und dient als Grundlage für die Entwicklung neuartiger chemischer Systeme und Materialien, die nur unter dem fortwährenden Einfluss von Licht besondere Funktionen, Strukturen oder Eigenschaften aufweisen.“
Potenzielle Anwendungsgebiete sind lichtgetriebene Transport- und Trennprozesse, photoschaltbare Katalyse und der Sonne ausgesetzte, smarte Beschichtungen.
Die Forschungsarbeit ist in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Rainer Herges, Christian-Albrechts-Universität Kiel, entstanden und wurde vom Europäischen Forschungsrat (ERC Consolidator Projekt „RAMSES“), der National Research Foundation of Korea und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Das Journal JACS würdigte die Arbeit zusätzlich durch den Abdruck einer „Supplementary Cover“-Abbildung.
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