Zum Inhalt
KI-Modelle

Studie analysiert 400 Millionen Jahre Enzym-Evolution

-
in
  • Top-Meldungen
  • Studium & Lehre
Ein computergeneriertes Modell eines Hefepilzes, das aus rot-gelben, luftschlagenartigen Kringeln besteht und von Molekülstrukturen durchzogen ist. © Charité​/​Markus Ralser
Dreidimensionale Gestalt des Hefepilz-Enzyms Erg11, generiert mit AlphaFold2. Erg11 wird von Azolen gehemmt, einer bestimmten Klasse von Anti-Pilz-Medikamenten. Verändert sich Erg11, kann der Pilz eine Toleranz gegen die Arzneimittel entwickeln.
Enzyme beschleunigen chemische Reaktionen in Organismen – ohne sie wäre Leben nicht möglich. Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) nun die Gesetzmäßigkeiten ihrer Evolution in großem Stil analysiert. Im Fachmagazin Nature beschreiben sie, welche Enzymbereiche sich vergleichsweise schnell wandeln und welche über die Zeit praktisch unverändert bleiben. An der Publikation ist auch Prof. Toni Goßmann von der Fakultät Bio- und Chemieingenieurwesen der TU Dortmund beteiligt. Die Erkenntnisse sind beispielsweise für die Entwicklung neuer Antibiotika relevant.

Das Forschungsteam der Charité unter der Leitung von Prof. Markus Ralser hat mit der KI AlphaFold2, für die deren Entwickler aus den USA und aus Großbritannien 2024 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurden, und dem schwedischen Supercomputer Berzelius die räumliche Entwicklung von Enzymen im Laufe der Evolution untersucht. Die Studie konzentrierte sich auf rund 11.300 Enzyme aus 27 verschiedenen Hefearten, die sich über einen Zeitraum von 400 Millionen Jahren entwickelt haben. Da die experimentelle Bestimmung der 3D-Struktur von Enzymen sehr aufwendig ist, berechneten die Forschenden mithilfe von AlphaFold2 die Struktur von fast 10.000 Enzymen innerhalb weniger Monate. Prof. Toni Goßmann, der am Dortmund Life Science Center (DOLCE) die Arbeitsgruppe Computational Systems Biology leitet, trug zur Studie bei, indem er eine sogenannte dN/dS-Analyse auf die mit AlphaFold2 berechneten KI-Modelle der Enzyme anwandte.

Relevant für die Entwicklung neuer Medikamente

In Nature präsentiert das Team klare Muster der Enzym-Evolution: Die Enzymoberflächen verändern sich deutlich schneller als ihre aktiven Zentren, also jene Bereiche, in denen die eigentliche chemische Reaktion stattfindet. Diese bleiben über lange Zeiträume hinweg stabil. Auch funktionell relevante Oberflächenstellen, an denen andere Moleküle binden, sind meist konserviert. Diese Erkenntnisse sind nicht nur für das Verständnis biologischer Prozesse wichtig, sondern haben auch große Bedeutung für die Entwicklung neuer Medikamente. So könnten beispielsweise Antibiotika gezielt auf stabile Enzymbereiche ausgerichtet werden, um Resistenzen vorzubeugen.

Zum Paper

Zur Pressemitteilung der Charité

Porträtfoto von Toni Goßmann © S. Jonek​​/​​Universität Bielefeld
Prof. Toni Goßmann ist Professor für Computational Systems Biology.

Ansprechpartner für Rückfragen: