Hohe Zahl syrischer Studierender
- Top-Meldungen
- Campus & Kultur

Als 2015 rund 1 Million Geflüchtete nach Deutschland kamen, erwarteten die Hochschulen zunächst einen großen Zulauf von jungen Studierenden aus Herkunftsländern wie Afghanistan, dem Irak sowie insbesondere aus Syrien. Aufgrund von Sprachbarrieren war der Zugang zum Studium jedoch zunächst nur für wenige syrische Geflüchtete möglich. Im ersten Jahr wuchs die Zahl der an der TU Dortmund eingeschriebenen Syrer*innen dennoch bereits auf 120, drei Jahre später hatte sie sich dann schon verdoppelt. 2021 schließlich waren 350 Studierende mit syrischer Staatsbürgerschaft immatrikuliert.
Die große Mehrheit der syrischen Studierenden an der TU Dortmund entscheidet sich für ein ingenieurwissenschaftliches Bachelorstudium. Von Anfang an war Informatik bei ihnen das beliebteste Fach: Im größten Studiengang der TU Dortmund ist derzeit jede*r vierte syrische Student*in eingeschrieben. Auch Architektur und Städtebau sowie Bauingenieurwesen sind besonders nachgefragte Fächer. Die syrischen Studierenden sind überwiegend in deutschsprachige Studiengänge eingeschrieben und nicht in den englischsprachigen Masterstudiengängen, die zuletzt besonders bei internationalen Studierenden aus anderen Herkunftsländern an Beliebtheit gewonnen haben. Dies zeigt, dass sich die Gruppe der syrischen Studierenden über den Erwerb von sehr guten Deutschkenntnissen den Weg ins Studium erschlossen hat.
Sprache als Schlüssel zum Bildungserfolg
Tatsächlich waren studienvorbereitende Sprachkurse ab 2015 für mehrere Jahre sehr stark nachgefragt bei syrischen Studieninteressierten. Die Clearingstelle für Geflüchtete an der TU Dortmund vermittelte hunderte Sprachkursförderungen. Inzwischen spielen die Deutschkurse in dieser Zielgruppe kaum mehr eine Rolle, da eine wachsende Zahl syrischer Studierender das Abitur in Deutschland gemacht hat. Die Quote dieser so genannten „Bildungsinländer*innen“ ist stetig gestiegen und liegt unter den syrischen TU-Studierenden inzwischen bei 40 Prozent. Auch der Anteil der Studierenden mit doppelter Staatsbürgerschaft wächst: Jede*r Fünfte von ihnen besitzt neben der syrischen Staatsbürgerschaft auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Ebenso steigt die Zahl der erfolgreichen Studienabschlüsse: In den vergangenen zehn Jahren gab es insgesamt 115 syrische Absolvent*innen an der TU Dortmund, wobei die Hälfte von ihnen in den vergangenen beiden Jahren ihren Abschluss gemacht hat. Diese Entwicklung macht deutlich, dass Integration und Spracherwerb Zeit erfordern, aber nun ein Punkt erreicht ist, an dem syrische Hochschulabsolvent*innen vermehrt als Fachkräfte in den deutschen Arbeitsmarkt eintreten können und mithin den Mangel an Ingenieur*innen abmildern könnten. Prof. Tessa Flatten, Prorektorin Internationales der TU Dortmund, erläutert, durch welche Angebote die Universität internationale Studierende beim Einstieg in den Arbeitsmarkt unterstützt: „Das Referat Internationales veranstaltet schon seit über zehn Jahren die Internationale Karrieremesse, um Studierende aus dem Ausland und Firmen aus der Region zusammenzubringen. Auch das Mentoring-Programm Tandem2Job hilft internationalen Studierenden dabei, den Übergang in den Beruf zu meistern.“
Insgesamt sind in Deutschland mehr als 20.000 Studierende aus Syrien an einer Hochschule eingeschrieben. Nach dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 hatte sich die alte Bundesregierung dafür eingesetzt, dass syrische Geflüchtete in ihre Heimat reisen können, ohne dadurch ihren Schutzstatus zu verlieren. Wie die Regelungen unter einer neuen Bundesregierung ausgestaltet werden, ist noch unklar.
Ahmad Jammal wagte den Neuanfang an der TU Dortmund
Einer von den derzeit 335 syrischen Studierenden an der TU Dortmund ist Ahmad Jammal. So wie 60 % der Studierenden mit syrischer Staatsbürgerschaft hat er in Syrien seinen Schulabschluss gemacht. Bevor er 2017 nach Deutschland kam, studierte er dort Architektur. An der TU Dortmund hat er sich für den Bachelorstudiengang Informatik entschieden, weil ihn das Programmieren interessiert hat.
Der Wechsel von Land und Studienfach war für Ahmad Jammal zunächst herausfordernd. „Ich musste mich an das neue System, Sprache, Kultur und Studiengang gewöhnen, weil alles für mich neu war“, berichtet der Student. Inzwischen fühlt er sich jedoch an der TU Dortmund wohl und schätzt neben den vielfältigen und spannenden Themen im Informatik-Studium vor allem das abwechslungsreiche Unileben und den bunten Campus.
Während seines Studiums wurde Ahmad Jammal drei Semester lang mit dem Stipendium „NRWege ins Studium“ gefördert, das an der TU Dortmund von der Clearingstelle für Geflüchtete vergeben wird. Das Stipendienprogramm wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert und unterstützt Studierende mit Fluchterfahrung. Neben dem Studium hat Ahmad Jammal über zwei Jahre im Referat Internationales gearbeitet und dort bei der Betreuung von Erasmus-Studierenden geholfen. Er freut sich darauf, nach Abschluss seines Bachelors in Vollzeit arbeiten zu gehen, aber auch einen Master hat er für sich noch nicht ausgeschlossen.