Vortrag: Laborversuche für die Stadt der Zukunft – Die Architektur der Neuen Universitäten
Dreißig Universitäten wurden in der Bundesrepublik Deutschland in den 1960er- bis 1980er-Jahren neu gegründet und neu gebaut. In zahlreichen Städten entstanden Großstrukturen auf der grünen Wiese. Für keine andere Bauaufgabe investierte der Staat so viel öffentliches Geld. Ein halbes Jahrhundert später ist die Architektur der inzwischen nicht mehr ganz so neuen Universitäten zum Gegenstand kontroverser Debatten geworden. Obwohl sie von vielen als hässlich empfunden werden, sind einige der Bauten in den vergangenen Jahren unter Denkmalschutz gestellt worden. Wenn es nicht die ästhetischen Qualitäten sind, was macht dann die Architektur der neuen Universitäten so wertvoll? Einerseits schlugen sich die Reformbestrebungen der Hochschulen in der Architektur nieder, andererseits verfolgten die Architekten aber noch ganz andere Interessen – der Bau der neuen Universitäten war gewissermaßen ein Laborversuch für den Städtebau der Zukunft. Die beispiellosen Investitionen der öffentlichen Hand eröffneten Architekten Möglichkeiten, ihre kühnsten städtebaulichen Träume zu erproben.
Zur Referentin
Sonja Hnilica ist langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Geschichte und Theorie der Architektur an der TU Dortmund. Sie forscht zur Rolle von Denkmodellen im Entwurfsprozess sowie zur Architektur der Nachkriegsmoderne. In ihrem zuletzt erschienenen Buch „Der Glaube an das Große in der Architektur der Moderne. Großstrukturen der 1960er und 1970er Jahre" (Park Books, Zürich 2018) hat sie sich mit Großbauten wie Shoppingmalls, Konferenzzentren, Großwohnsiedlungen und Massenuniversitäten befasst.
Zur Veranstaltung
Wissen ist der wichtigste Rohstoff der Gesellschaften unseres noch jungen Jahrhunderts und Universitäten sind einer der zentralen Orte, an denen es gefördert wird. Die Existenz einer – oder, wie in Dortmund, mehrerer – Hochschulen ist daher ein großer Standortvorteil für eine Stadt, wie man an der jüngeren Entwicklung des Ruhrgebiets unschwer erkennen kann. Seit Gründung der ersten Universitäten in Europa im Mittelalter gehen dabei Stadt und Universität – „town and gown“ – vielfältige und enge Beziehungen ein.
Was sind die spezifischen Qualitäten einer Universitätsstadt? Wie verhalten sich Stadt und Universität zueinander? Was braucht eine Universität von der Stadt – und wie kann und muss sich die Universität in der Stadt engagieren? Was können wir von klassischen, oft sehr kleinen Universitätsstädten und ihrer Entwicklung lernen? Und geht eine Wissenschaftsregion wie das Ruhrgebiet mit ihrer universitären Allianz ganz neue Wege in der urbanen Verankerung ihrer wissenschaftlichen Förderstätten?
Zum 50. Jubiläum der Technischen Universität Dortmund trägt die neue Staffel der „Stadtgespräche“ zur Identitätsfindung Dortmunds als Universitätsstadt und zur Frage der städtischen Identität ihrer hohen Schulen bei.