„Musikalischer Satellit“ – Dr. Maik Hester im Interview
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Dr. Maik Hester lehrt an der Fakultät für Bio- und Chemie Ingenieurwesen (BCI) und am Institut für Musik- und Musikwissenschaften der Technischen Universität Dortmund. Er ist Leiter des Ensembles für neue Kammermusik der TU (ENKUD) und lebt als freischaffender Komponist und Akkordeonist in Witten.
Wie hat es bei dir mit der Musik angefangen? Und wie bist du dazu gekommen, Musik beruflich zu machen?
Als Kind vertrieb ich mir bei einer Familienfeier die Langeweile mit einem Akkordeon, das zufällig dort herumstand. Das war die Rettung des Abends. Daraufhin nahm ich Akkordeonunterrricht. Die Idee, das beruflich zu machen, kam später über eine Fortbildungsveranstaltung.
Heute arbeitest du als Dozent an der Technischen Universität hier in Dortmund. Du meintest mal, bezogen auf deine Lehrtätigkeit, bist du ein Satellit. Was meintest du damit?
Als künstlerischer Lehrbeauftragter habe ich hier keine feste Anstellung, keinen Büroraum, keine Dienstnummer und nehme nicht an Konferenzen teil. Es gibt eine eher schwebende Verbindung zur Universität und deswegen fand ich das Bild des Satelliten ganz gut.
An der Schnittstelle zwischen Klangkunst und Ingenieurwesen
Vielleicht passt das Bild auch zu deiner Überbrückung entfernter Institute auf dem Campus. Neben deinem Lehrauftrag für Akkordeon und Musiktheorie am Institut für Musik- und Musikwissenschaften, leitest du an der Fakultät für Bio- und Chemie Ingenieurwesen das Seminar „Engineering Meets Art“. Was macht ihr dort?
Darin können sich kleine transdisziplinäre Teams von Studierenden aus unterschiedlichen Fakultäten bilden, um ein eigenes Projekt zu verwirklichen an der Schnittstelle zwischen Klangkunst und Ingenieurwesen. Die Projekte werden dann im Rahmen einer Ausstellung präsentiert. Aktuell gibt es eine Kooperation mit dem Kinder- und Jugendtechnologiezentrum Dortmund (KITZ.do). KITZ.do kümmert sich darum, naturwissenschaftliches Interesse bei Kindern und Jugendlichen zu fördern. Unsere Aufgabe ist es dann, für KITZ.do Projekte zu entwickeln, an denen die Kinder Erfahrungen sammeln, Neugier auf Technik bekommen und auch was lernen können.

Dass Studierende sowohl aus künstlerischen als auch technischen Fachrichtungen zusammenarbeiten, kommt im regulären Hochschulbetrieb so gut wie nie vor. Gibt es zunächst Berührungsängste oder gegenseitige Vorurteile der Studierenden?
Die Möglichkeit wird von denen, die sich darauf einlassen, erfahrungsgemäß sehr dankend angenommen. Gerade, weil man ansonsten ja immer nur innerhalb der eigenen Fachdisziplin unterwegs ist. Diese Möglichkeit, sich selbst ans Reißbrett zu stellen, ein eigenes Projekt auszudenken und das in allen notwendigen Schritten umzusetzen, auch mit Unterstützung der Werkstätten, an die man Aufträge geben kann, ist etwas ganz Besonderes.
Kannst du ein paar aktuelle Beispiele nennen von Projekten, die Studierende gerade machen?
Ja, es gibt eine Gruppe, die bauen eine Art Teddyfell-Monsterwürfel, in dessen Inneren kleine Tongeber sind, wie man sie früher von Teddybären kannte, die muhen, mähen oder quäken konnten. Das ist jetzt hier mit Elektronik geregelt und unser Teddy hat Augen und Ohren, das heißt, er kann Formen und Farben erkennen und-, er kann hören, was um ihn herum passiert. Die Idee dahinter ist, dass man versuchen kann, mit
ihm ins Gespräch zu kommen. Dann gibt es ein Projekt, wo mit einem Verfahren, das sich Circuit Bending nennt, in eine Verstärkerschaltung eingegriffen wird. Das geschieht über verschiedene Kontaktpunkte, die nach außen geführt sind, sodass die Verstärkerschaltung selbst zum Musikinstrument wird. Wenn man die Kontaktpunkte berührt, dann läuft der Strom durch den eigenen Körper, der Widerstand ändert sich, je nachdem, wie feucht die Haut ist oder wie fest man zupackt, so kommen aus dem Lautsprecher ganz verschiedene Töne oder Geräusche hervor. In einem anderen Projekt geht es um Resonanz. Das kennen wir ja aus den Blasinstrumenten, dass der Ton bei Blechbläsern mit den Lippen gemacht wird. Damit man den Ton auch laut hören kann, braucht man als Verstärker ein Gefäß, in dem die Luft mitschwingen kann. Zur Veranschaulichung dient in unserem Projekt ein Resonanzrohr, in das man verschiedene Töne hineingeben kann, um zu hören, wo die Resonanzen liegen.
„Das Ohr macht die Technik“

Die Verbindung von Musik und Technik scheint in deinen vielfältigen Tätigkeiten immer eine Rolle zu spielen, sei es am Akkordeon, als Komponist oder in deiner Lehre. Wie siehst du das Verhältnis zwischen Musik und Technik?
Im Grunde genommen hast du das schon schön zusammengefasst. Das ist ja die Quintessenz. In dem Moment, wo ich Klänge hervorbringen möchte, bedarf es Techniken. Das können auch Spieltechniken sein. Also die Frage an mich als den Macher ist ja, was muss ich tun, damit dieser Klang entsteht? Und es gibt die Frage an das Instrument: Was muss das Instrument können, damit der Klang entsteht? Da kommt es auf die eigene Wahrnehmung an. Also an der Stelle hat vielleicht auch meine koreanische Klavierlehrerin ein Wort mitzureden, denn sie sagte immer: „Das Ohr macht die Technik“.
Das Interview wurde von Raphael Beck im Rahmen eines studentischen Projektes an der TU Dortmund geführt, diese Version ist eine gekürzte Fassung des Interviews, das der Auftakt einer geplanten Interview-Serie über die experimentelle Musikszene im Ruhrgebiet ist.
Das gesamte Interview kann hier gelesen werden: