Drei Fragen an Prof. Stefan Greiving zum Hochwasserschutz
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Prof. Greiving, Ihre Erkenntnisse aus dem Hagener Projekt haben Sie in einem Anpassungskonzept zusammengefasst. Welche Maßnahmen schlagen Sie darin vor, um Städte vor Hochwasserkatastrophen wie in diesem Sommer zu schützen?
Zuerst einmal muss man sagen, dass die Ereignisse im Sommer so extrem waren, dass man sich davor nicht vollständig hätte schützen können. Eine Katastrophe dieser Dimension kann man letztlich nicht verhindern, aber man kann versuchen, die Schäden durch Maßnahmen zu begrenzen. Das Hauptproblem besteht darin, dass die Städte schon gebaut sind und man planerisch kaum Einflussmöglichkeiten hat, weil Bestandschutz gilt. Deswegen ist es enorm wichtig, Gelegenheitsfenster zu nutzen. Wird zum Beispiel eine Brachfläche wieder in Anspruch genommen, sollte diese ausreichend begrünt werden und die Gebäude sollten so gebaut werden, dass Wasser möglichst nicht eindringen kann. Auch die Vereinbarkeit von Barrierefreiheit und Hochwasserschutz ist ein wichtiges Thema. Sollen im Straßenraum keine Hochbordsteine mehr verbaut werden, sollte mit Rampenlösungen bei Gebäudeeingängen und V-Profilen in der Straße – bei denen der tiefste Punkt in der Mitte liegt– gearbeitet werden, damit das Wasser nicht schon bei ein paar Zentimetern Höhe in die Erdgeschosse eindringen kann.
Wie können Hagen und andere Städte nach dem Hochwasser wiederaufgebaut werden? Was muss man beachten?
Beim Wiederaufbau sind die Förderrichtlinien des Landes NRW zu beachten. Dabei sind zwei wesentliche Punkte hervorzuheben. Erstens, es gibt eine Förderung, wenn der Aufbau in einem anderen, hochwassersicheren Gebiet stattfindet. Zweitens, es gibt eine Verpflichtung zur Bauvorsorge beim Wiederaufbau. Die Vorsorge ist die kosteneffizienteste Maßnahme, um sich zu schützen. Investitionen im Wert von 100 bis 1000 Euro können bereits Schäden im Wert von vielen Tausend Euro verhindern. Ein weiterer wichtiger Punkt, zu dem es aber noch keine rechtlichen Regelungen gibt: Einrichtungen wie Altenheime, Kindergärten oder Krankenhäuser, in denen sich Personen aufhalten, die sich selbst nicht schützen können, sollten nur an sicheren Orten gebaut werden. Das gleiche gilt für z.B. für Chemiefabriken, die mit gefährlichen Stoffen arbeiten, die im schlimmsten Fall ins Wasser gelangen könnten. Wir brauchen Leitlinien, die Schutzprioritäten und Schutzziele klar definiere
Was können Anwohner*innen selbst tun, um sich vor Hochwasser zu schützen?
Wenn das Haus schon gebaut ist, kann man nachträglich zum Beispiel Rückstauklappen einbauen, die das Eindringen von Wasser aus der Kanalisation in die Gebäude verhindern, oder Spundwände anbringen. Außerdem sollten sich die Elektrik- und Heizungsanlagen möglichst nicht im Kellergeschoss befinden. Wenn also ohnehin eine neue Heizungsanlage geplant wird – was ja alle 15 bis 20 Jahre ansteht – dann sollte diese nicht im Keller untergebracht werden. Man sollte auch eine erweiterte Elementarschadenversicherung abschließen, die wasserbezogene Schäden abdeckt. Zudem sollten alle wichtigen Dokumente, zum Beispiel auch Belege für das Inventar, die man im Versicherungsfall vorzeigen muss, an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Städte ihre Bevölkerung aufklären und dahingehend vorzubereiten, was im Extremfall zu tun ist. Wohin soll ich mich begeben? Wer muss zuerst gerettet werden? Diese Fragen können Anwohner*innen auch vorab einmal für sich beantworten.
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