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Zwischenbericht

Wie der Staat handlungsfähiger werden soll

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Porträtfoto von Prof. Aladin El-Mafaalani: Prof. El-Mafaalani trägt ein hellblaues Hemd und einen dunklen Bart. © Jennifer Fey
Prof. Aladin El-Mafaalani ist seit 2024 Professor für Migrations- und Bildungssoziologie an der TU Dortmund.
Ein Staat, der gut funktioniert, begegnet seinen Bürger*innen mit mehr Vertrauen und regelt die Prozesse in der Verwaltung einfacher. Er priorisiert die Digitalisierung und bricht starre Strukturen auf – im Staat selbst, aber auch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. So steht es in einem Reform-Konzept, das die „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ Mitte März – und damit noch während der Koalitionsgespräche – in Berlin vorgestellt hat. Der Zwischenbericht enthält 30 konkrete Empfehlungen, wie staatliches Handeln in vielen Bereichen besser gelingen kann. Prof. Aladin El-Mafaalani von der Fakultät Sozialwissenschaften der TU Dortmund ist Mitglied des Expertengremiums und war in der Arbeitsgruppe „Soziales und Bildung“ an der Ausarbeitung der Vorschläge beteiligt.

Das Reformvorhaben unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde von den ehemaligen Bundesministern Thomas de Maizière und Peer Steinbrück, dem langjährigen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle und der Medienmanagerin Julia Jäkel initiiert. Für die Arbeit haben sich die Initiator*innen Unterstützung von insgesamt 54 Expert*innen geholt – darunter Bürgermeisterinnen, Schulleiter, Unternehmerinnen und Wissenschaftler. Generell geht es den Autor*innen darum, „den Staat als Ganzes zu erneuern“. Bürokratieabbau etwa könne nur gelingen, wenn vieles ineinandergreife: bessere Gesetzgebungsprozesse, Vorschriften mit mehr Ausnahmen, mehr Vertrauen in Bürger*innen und Unternehmen – und ein digitaler Staat.

Empfehlungen für die Bereiche Soziales und Bildung

Für die Bereiche Soziales und Bildung hat eine zehnköpfige Arbeitsgruppe unter der Leitung von Peer Steinbrück sieben Empfehlungen erarbeitet. Von der TU Dortmund hat Aladin El-Mafaalani, Professor für Migrations- und Bildungssoziologie, hier seine Expertise eingebracht. „Wer den Sozialstaat auf hohem Niveau erhalten will, wird seine Effektivität und Effizienz verbessern müssen“, betonen die Initiator*innen. „Fünf Bundesministerien verantworten etwa 170 Leistungen, die von fast 30 Behörden unter Verwendung unterschiedlicher Begrifflichkeiten verwaltet und in 16 Ländern mit 400 kommunalen Gebietskörperschaften teils unterschiedlich umgesetzt werden.“ Zur Vereinfachung empfiehlt die Arbeitsgruppe daher, die Zuständigkeit für alle Leistungen der sozialen Sicherung innerhalb der Bundesregierung zu bündeln und eine zentrale digitale Plattform für alle Regelleistungen bereitzustellen.

Damit Bildung unter besseren Bedingungen stattfinden kann, empfiehlt die Initiative, die Zuständigkeiten in Bund, Ländern und Kommunen eindeutig zu ordnen. Außerdem soll ein „Nationaler Bildungsrat“ gegründet werden – mit Vertreter*innen von Bund und Ländern, aus der Wissenschaft, der Schulverwaltung und der Schulpraxis. Dieser soll politische Vorgaben, die Umsetzungslogik der Verwaltung, wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen aus den Schulen zusammenführen und Empfehlungen entwickeln. Des Weiteren sollen Schulen mehr Selbstbestimmung erhalten, etwa dabei, Lerninhalte zu entwickeln oder Bildungsstandards umzusetzen.

„Hierbei geht es nicht um Bildungsreformen, sondern darum, wie man strukturelle Bedingungen schaffen kann, damit Bildungspolitik, Verwaltung und Schulen handlungsfähiger werden“, resümiert Prof. Aladin El-Mafaalani. In zahlreichen Sitzungen haben die Expert*innen zentrale Schnittstellen offengelegt, an denen staatliches Handeln zu langsam oder sogar dysfunktional wird. „In unserem Zwischenbericht haben wir in allen politischen Handlungsfeldern Herausforderungen formuliert. In wenigen Monaten wird der Abschlussbericht stehen. Und eine gute Nachricht: In den Koalitionsverhandlungen wird bereits über die Vorschläge diskutiert“, sagt El-Mafaalani.

Über Prof. Aladin El-Mafaalani

Prof. Aladin El-Mafaalani forscht seit vielen Jahren zu den Themen Bildung, Migration und Rassismus. Seit 2024 ist er Professor für Migrations- und Bildungssoziologie an der TU Dortmund. Er ist Mitglied im DFG-Sonderforschungsbereich 1604 „Produktion von Migration“ der Universität Osnabrück und wurde für seine Forschung mehrfach ausgezeichnet. Seine letzten vier Bücher, die alle in Bestseller- und Bestenlisten landeten, machten den Soziologen deutschlandweit bekannt. Für sein öffentliches Wirken wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz sowie dem Preis der Deutschen Gesellschaft für Soziologie geehrt.

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