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50 Jahre – 50 Köpfe: Drei Fragen an Dr. Alexandra Apfelbaum zur Architekturgeschichte der TU Dortmund

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Portrait Alexandra Apfelbaum © Ksenia Kuleshova
Portrait Alexandra Apfelbaum

Auf der grünen Wiese beginnen in Eichlinghofen im Juli 1965 die Bauarbeiten für die neue Universität Dortmund. Über die Jahre wachsen Campus Nord und Süd zu ihrer heutigen Größe. Im Interview ordnet Dr. Alexandra Apfelbaum, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen der TU Dortmund, die TU-Gebäude architekturgeschichtlich ein und erläutert die Besonderheiten beim Bau einer Hochschule.

Frau Dr. Apfelbaum, im Sommer 1965 begannen die Bauarbeiten für die neue Universität Dortmund. Inwiefern entspricht der Hochschulbau den Überlegungen in jener Zeit?

In der Nachkriegszeit wurden insbesondere im Ruhrgebiet, dessen Bevölkerung als eher bildungsfern galt, viele neue Universitäten gegründet. Wie in Dortmund entschied man sich damals meist für das Modell einer Campus-Uni in der Stadt-Peripherie. Damit bestand die Möglichkeit, sich weiter auszudehnen und auf ein zu erwartendes Bevölkerungswachstum reagieren zu können. Die Campusvariante hat zudem den Vorteil, dass die Universitätseinrichtungen nicht über die Stadt verstreut liegen, sondern zentral an einem Ort. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings, dass die Universität und die Studierenden in der Stadt weniger präsent sind. Auch heute wird bei Hochschulneubauten meist das Campusmodell favorisiert – und zwar nach angelsächsischem Vorbild, bei dem die Studierenden meist auch auf dem Unigelände wohnen.
 

Welche Merkmale der TU-Gebäude sind charakteristisch für die Hochschul-Architektur der 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts?

Die Gebäudeformen sind definitiv zeittypisch. Dem Flexibilitäts- und Erweiterungsgedanken folgend, wurden viele Bauten in der Systembauweise errichtet, die es ermöglicht, Gebäude zu vergrößern und weitere Teile anzubauen. Der Ursprung liegt im Marburger Bausystem, auf dessen Grundlage viele weitere Systeme entwickelt wurden. Ein Beispiel ist das damals verbreitete Imbau-System, mit dem das Gebäude an der Emil-Figge-Straße 50 realisiert wurde. Ein anderes System, das im Rahmen des Aktionsprogramms „Hochschulbau 75“ verwendet wurde, ist die mehreckige, gelenkartige Struktur des Mathetowers. Charakteristisch ist zweifelsohne auch die großflächige Verwendung des Baustoffs Beton. Durch die Lage der Universität im Grünen und dank der Tatsache, dass die TU-Gebäude von verschiedenen Architekten entworfen wurden, erscheint der Beton hier jedoch weniger massiv als bei anderen Hochschulbauten dieser Zeit, die als eine Großstruktur errichtet wurden – beispielsweise in Bochum oder Siegen. In den darauffolgenden 70er und 80er Jahren wurde vielfach versucht, den Beton an den Bauten zu verstecken. Hiervon zeugen die gelben Kunststoffverkleidungen in der Hauptmensa. Betrachtet man die gesamte TU Dortmund sowie die umliegenden Forschungseinrichtungen, ließe sich fast die gesamte Architekturgeschichte der späten Nachkriegszeit nachverfolgen.
 

Welche Besonderheiten sind beim Bau von Hochschulen zu beachten?

Der Bau einer Hochschule ist niemals wirklich abgeschlossen, da immer wieder auf neue Entwicklungen reagiert werden muss – etwa steigende Studierendenzahlen oder neue technische und ökologische Anforderungen. Eine Campusuniversität ist vergleichbar einem städtischen Gefüge, das ständig funktionsfähig und nutzbar gehalten werden muss. Wie kaum ein anderes Bauwerk müssen Hochschulen zudem die Bewegung von Menschenmassen bewältigen, die sich besonders zu Stoßzeiten etwa auf den Hörsaalfluren, in Bibliotheken oder der Mensa bemerkbar machen. Bei einer Campusuniversität wie Dortmund betrifft dies außerdem die Anfahrt per Auto und ÖPNV. Diese Menschenströme zu antizipieren und in der Planung zu berücksichtigen, ist eine der besonderen Herausforderungen beim Bau von Hochschulen.


Zur Person:

Dr. Alexandra Apfelbaum ist Kunst- und Architekturhistorikerin. 2014 promovierte sie an der TU Dortmund in der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen zum Werk des Architekten Bruno Lambart. Seit 2013 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Geschichte und Theorie der Architektur an der TU Dortmund und seit 2011 als Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Dortmund im Fachbereich Architektur. Zudem ist sie seit 2009 freiberuflich tätig im Büro Apfelbaum. Dr. Apfelbaum ist Vorstandvorsitzende der Ruhrmoderne e.V. und des Deutschen Werkbundes NW.


Veranstaltungshinweis:

Zum Tag des offenen Denkmals am 9. September 2018 bietet Frau Apfelbaum eine Campusführung zur Architektur der TU Dortmund an. Treffpunkt ist um 15 Uhr am Campus Nord der TU Dortmund. Nach einer Begehung dort, geht es mit der H-Bahn zum Campus Süd. Hier endet der circa zweistündige Rundgang.

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