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Astroteilchenphysik

Dr. Maximilian Linhoff ist der kosmischen Strahlung auf der Spur

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Ein junger Mann in einer gelben TU-Dortmund Warnweste steht erhöht auf einem Berg, hinter ihm ein hügeliges Panorama und wolkiger Himmel. © privat
Dr. Maximilian Linhoff bei einem Einsatz auf La Palma im Jahr 2021.

Dr. Maximilian Linhoff forscht in der Astroteilchenphysik und treibt als Mitglied eines internationalen Konsortiums den Bau neuer leistungsstarker Tscherenkow-Teleskope auf der Kanareninsel La Palma und in Chile voran. Mithilfe solcher Teleskope versuchen Physiker*innen auf der ganzen Welt, die kosmische Strahlung, die aus dem Universum auf die Erdatmosphäre trifft, besser zu verstehen. Im Interview spricht Dr. Maximilian Linhoff über seine Faszination für die Astroteilchenphysik, spannende Entdeckungen und nachhaltiges Datenmanagement.

Herr Linhoff, was fasziniert Sie an der Astroteilchenphysik?

Eine große Faszination der Astroteilchenphysik ist die kosmische Strahlung, die beständig aus dem Universum auf unsere Erde prasselt. Wir nutzen unter anderem große Tscherenkow-Teleskope, um herauszufinden, wo genau diese Strahlung herkommt und woraus sie besteht. Dazu gehören auch die sogenannten MAGIC-Teleskope auf La Palma, die schon seit 20 Jahren den Nachthimmel beobachten und nach kurzen Lichtblitzen suchen. Immer dann, wenn Gammastrahlung aus dem Universum auf die Erdatmosphäre trifft, verursacht sie nämlich bläuliche Tscherenkow-Lichtblitze. Aktuell bin ich Teil eines großen internationalen Konsortiums, das eine neue Generation von besonders leistungsstarken Tscherenkow-Teleskopen auf La Palma und in Chile errichten wird – das sogenannte Cherenkov Telescope Array Observatory, kurz CTAO. Es ist also einerseits die große Frage, woraus das Universum besteht, die mich antreibt – und die wir auch mit diesen Großexperimenten zu beantworten versuchen.

Was mich aber jeden Tag ganz konkret motiviert, ist der Spaß daran, komplexe Probleme anzugehen und zu lösen. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Datenanalyse bzw. die Entwicklung neuer Datenanalyse-Software. Die extrem hohen Datenraten, die die Gammastrahlen-Teleskope produzieren, müssen schließlich auch ausgewertet werden. Außerdem gibt es übergeordnete Überlegungen, die uns vor allem beim Aufbau des CTA-Observatoriums beschäftigen: Welche Daten fallen überhaupt im gesamten System an und wie werden diese beschrieben und dokumentiert? Aktuell definieren wir zum Beispiel ein eigenes Dateiformat für die Gammaastronomie, mit dem alle Experimente ihre Daten untereinander austauschen können.

Zwei große, hochmoderne Teleskope stehen versetzt hintereinander auf einer grasigen Fläche. Im Hintergrund ist ein sternenreicher Nachthimmel zu sehen. © Daniel Lopez
Die beiden MAGIC-Teleskope auf La Palma.

Was war bislang die spannendste Entdeckung in Ihrem Bereich?

Ich verfolge die Astroteilchenphysik jetzt seit ungefähr zehn Jahren, also seit Beginn meiner Bachelorarbeit. Astroteilchenphysiker*innen versuchen, alle möglichen Informationen, die sie aus dem Universum bekommen können, miteinander zu verknüpfen, um letztlich immer mehr über das Universum zu erfahren. Es ist extrem spannend, zu sehen, wie etwa die Erkenntnisse verschiedenster Experimente – etwas des Gravitationswellen-Observatoriums LIGO in den USA, des Neutrino-Observatoriums IceCube am Südpol und der Gammastrahlen-Teleskope auf La Palma – mehr und mehr zusammenfließen und gemeinsam ein immer besseres Bild ergeben.

Ein besonders spannendes Ereignis war der Gammastrahlenausbruch „GRB 190114C“, den die beiden MAGIC-Teleskope Anfang 2019 aufgezeichnet haben. Das war damals der energiereichste Ausbruch, der bis dahin aufgezeichnet werden konnte. Für etwa 30 Sekunden nach dem Gammastrahlenausbruch war sein Nachglühen mehr als hundertfach so stark wie der sogenannte Krebsnebel, die hellste bekannte Gammastrahlenquelle in unserer Milchstraße. Danach schwächte sich das Signal relativ schnell ab. Schon nach einer halben Stunde konnte MAGIC keine Emissionen mehr messen. Mit den Messungen gelang 2019 erstmals der Nachweis, dass solche kosmischen Gammastrahlenausbrüche im allerhöchsten Energiebereich leuchten, was bis dahin lange Zeit nur vermutet worden war.

Sie engagieren sich besonders für das Forschungsdatenmanagement. Warum ist Ihnen dieses Thema wichtig?

Forschungsdatenmanagement ist für das CTA-Konsortium, in dem ich aktuell die Analyse- und Simulations-Arbeitsgruppe koordiniere, extrem wichtig. CTA wird das erste Experiment in seinem Bereich sein, das seine Daten öffentlich zugänglich macht. Die Daten müssen daher so aufbereitet sein, dass alle Forscher*innen sie für ihre Analysen nutzen können. Und das auch, wenn sie keine Expert*innen für die Teleskope sind. Die bisherigen Experimente werden als geschlossene Kollaboration betrieben, bei denen nur die Mitglieder Zugriff auf die Daten haben. Aber auch hier müssen die Daten so konserviert werden, dass sie auch in Zukunft für jegliche Analysen noch nutzbar sind. Denn das Besondere an der Astronomie ist, dass wir einzigartige Ereignisse am Himmel beobachten und aufnehmen, die wir nicht im Labor reproduzieren können. Daher müssen die Messdaten so erhalten werden, dass wir auch noch in 30 Jahren damit arbeiten können.

Plasmaforschung und Astrophysik in Bochum und Dortmund

Plasmen sind überall – in den Weiten des Universums und um uns herum im Alltag. Diese Plasmen und die Interaktionen der Elementarteilchen darin im Detail zu verstehen, ist Ziel von Forschenden der Ruhr-Universität Bochum und der Technischen Universität Dortmund. Schon seit 2007 arbeiten die Ruhr-Universität Bochum, die Universität Duisburg-Essen und die Technische Universität Dortmund unter dem Dach der Universitätsallianz Ruhr eng verbunden zusammen. Bedeutende Kooperationen sind der Sonderforschungsbereich 1491 „Cosmic Interacting Matters“ und das Ruhr Astroparticle and Plasma Physics Center, kurz RAPP Center. Darüber hinaus arbeiten die Teams in Dortmund und Bochum in Großforschungsprojekten wie IceCube und CTA zusammen.

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