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Forschung an der Schnittstelle von Chemie und Biologie

Prof. Herbert Waldmann mit dem Otto-Hahn-Preis 2023 geehrt

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Zwei Herren in Anzug und Krawatte posieren nebeneinander für ein Foto. Der Mann (Prof. Herbert Waldmann) auf der rechten Seite hält eine Medaillen-Schatulle und eine Auszeichnung in den Händen. © Holger Menzel
Der Frankfurter Stadtkämmerer Dr. Bastian Bergerhoff (l.) überreichte die Urkunde an Prof. Herbert Waldmann.

Prof. Herbert Waldmann, Professor an der Fakultät für Chemie und Chemische Biologie der TU Dortmund und Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie, hat den Otto-Hahn-Preis 2023 für seine innovative Wirkstoffforschung an der Schnittstelle von Chemie und Biologie erhalten. Der Preis wurde dem Chemiker am 26. Oktober im festlichen Rahmen der Frankfurter Paulskirche überreicht. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert und wird gemeinsam von der Stadt Frankfurt am Main, der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) getragen.

Prof. Waldmann gehört zu den weltweit führenden Wissen­schaft­ler*innen auf dem Gebiet der Chemischen Biologie. Er trug maßgeblich dazu bei, das Forschungsgebiet zu etablieren und beeinflusste die Entwicklung der Disziplin im weiteren Verlauf entscheidend. An der Schnittstelle zwischen Biologie und Chemie kombiniert er Methoden beider Disziplinen und setzt Molekülsonden als leistungsfähige Werkzeuge zur Erforschung biologischer Phänomene ein. Seine Arbeiten inspirierten die innovative Forschung im Bereich der medizinischen Chemie und ebneten den Weg für neuartige therapeutische Interventionen unter anderem in der Krebsforschung.

Der „Molekülmacher“

Prof. Till Opatz, Professor für Organische Chemie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, hob in seiner Laudatio hervor: „Mir ist besonders ein treffend-typisches wie sympathisches Zitat von Herbert Waldmann in Erinnerung: ‚Ich war schon immer ein präparativer organischer Chemiker, ein ‚Molekülmacher‘, und werde auch immer einer sein.‘ Professor Waldmann führte vergleichende Strukturanalysen [von Naturstoffen] durch und konnte mit Hilfe der Informatik Stammbäume von Naturstoffgerüsten erstellen, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung einmal mit dem Periodensystem der Elemente verglichen hat.“

In seiner wissenschaftlichen Arbeit konzipierte Waldmann eine neuartige Methodik, um voll funktionsfähige Proteine zu synthetisieren. Darüber hinaus entwickelte er einen allgemeinen konzeptionellen Rahmen für das Design und die Synthese bioaktiver kleiner Moleküle, die die Funktion von Proteinen modulieren. Diese Ansätze wurden erfolgreich in der biologischen Forschung angewandt und ermöglichten neue Einblicke in wichtige biologische Prozesse, insbesondere in die Signalübertragung.

Mit seiner Gruppe entwickelte der Chemiker eine Synthesemethode für lipidierte Proteine, insbesondere der Ras-GTPasen, die in ca. 20 Prozent aller menschlichen Krebserkrankungen mutiert sind. Dies führte zu bedeutenden Erkenntnissen über ihre Rolle in der biologischen Signalübertragung, einschließlich der Entdeckung des dynamischen „Ras-Zyklus“. Diese Forschungsarbeiten ermöglichen die Entwicklung niedermolekularer Hemmstoffe, die das Wachstum von Ras-abhängigen Tumoren hemmen können, und eröffnen neue Möglichkeiten für neuartige therapeutische Interventionen.

In seiner aktuellen Forschung entwickelt Prof. Waldmann gemeinsam mit seiner Gruppe gezielt sogenannte Pseudonaturstoffe. Dabei handelt es sich um biologisch aktive Substanzen mit neuartigen chemischen Grundgerüsten. Sie bestehen aus Bausteinen von Naturstoffen, sind aber selbst keine. Um solche Pseudonaturstoffe zu entwickeln, analysiert die Arbeitsgruppe, wie die biologischen Eigenschaften von Naturstoffen in deren Struktur codiert sind. Die Elemente dieses strukturellen Codes werden dann zu neuen Substanzen miteinander verknüpft. An Zellkulturen wird dann überprüft, ob der Pseudonaturstoff neue biologische Aktivität aufweist. Ist dies der Fall, so kann er in der Wirkstoffforschung als Grundlage für neue Arzneimittel erforscht werden. 

Zur Person

Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert Waldmann schloss 1985 sein Studium der Chemie mit der Promotion an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ab. Nach zwei Jahren an der Harvard Universität, Cambridge, USA, kehrte er nach Mainz zurück, wo er 1991 habilitiert wurde. Nach Stationen an der Universität Bonn und der Universität Karlsruhe leitet er seit 1999 die Abteilung Chemische Biologie am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie und ist gleichzeitig Professor für Biochemie an der Technischen Universität Dortmund. Seit 2005 leitet er zusätzlich das Chemical Genomics Centre der Max-Planck-Gesellschaft. Prof. Waldmann ist seit 2004 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Im Jahr 2014 verlieh die Universität Leiden, Niederlande, ihm die Ehrendoktorwürde.

Der Text basiert auf Pressemitteilungen der GDCh, der Stadt Frankfurt am Main und des Max-Planck-Instituts für molekulare Physiologie.