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Wie Schule in der Pandemie funktionieren kann

Drei Fragen an Prof. Silvia-Iris Beutel zum Deutschen Schulpreis

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Porträt von Frau Beutel © David Weyand
Prof. Silvia-Iris Beutel lehrt und forscht seit 2006 am Institut für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik der Fa­kul­tät Er­zie­hungs­wis­sen­schaft, Psy­cho­lo­gie und Bildungsforschung.

Der Deutsche Schulpreis 20|21 Spezial zeichnet innovative Konzepte aus, die Schulen im Umgang mit der Corona-Krise entwickelt haben und die das Lernen und Lehren langfristig verändern können. Prof. Silvia-Iris Beutel vom Institut für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik der TU Dortmund ist Mitglied der Jury. Sie erklärt, wie Schule während der Pandemie erfolgreich funktionieren kann.

Frau Prof. Beutel, als Jurymitglied des Deutschen Schulpreises prämieren Sie seit mehreren Jahren die besten Schul-Konzepte. Warum ist es gerade in der aktuellen Situation wichtig, dass die Schulen ein gut funktionierendes Konzept für die Schul- und Unterrichtsentwicklung haben?

In der Schulpädagogik teilen wir die Sorge, dass Kinder und Jugendliche in der Pandemie abgehängt werden, dass verlässliche Strukturen verloren gehen, Beziehungen abbrechen und Kinder wie Jugendliche den Anschluss verlieren. Natürlich stellt die Pandemie die Schulen vor eine Vielzahl von Herausforderungen. Es ist aber keine Lösung, Schulunterricht einfach auf eine Zeit nach der Pandemie zu verschieben. Es mussten daher neue Konzepte entwickelt werden, die es den Schulen ermöglichen, weiterzumachen: Zunächst ging es natürlich darum, eine verlässliche digitale Infrastruktur aufzubauen und zu gewährleisten, dass die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern erreichbar sind. Aber auch geeignete Aufgabenformate und Lösungen für die Zusammenarbeit im digitalen Raum mussten gestaltet werden. Es funktioniert nicht, bewährte Methoden der üblichen Schule unverändert in das Zuhause der Schülerinnen und Schüler zu verlagern. Wir müssen uns von den klassischen Konzepten lösen und ein neues Verständnis dafür entwickeln, welchen Anforderungen eine ‚digitale Schule‘ gerecht werden sollte.

Welche besonderen Stärken haben die Konzepte der Schulen, die für die finale Runde des diesjährigen Preises ausgewählt wurden?

Die Schulen, die in die engere Auswahl kamen, haben gezeigt, dass sie auf die Herausforderungen der Pandemie effektiv reagieren. Mit einem guten Konzept wird Schule dann eben nicht zum ‚Versandhandel‘ von Aufgaben, sondern bleibt auch digital ein Raum der Verlässlichkeit und Interaktion. Die ausgewählten Schulen stehen auf mehreren Ebenen mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt und haben deren individuelle Bedürfnisse und Lebenslagen im Blick. So können die Lehrerinnen und Lehrer passgenaue Lernangebote machen und gezielt Unterstützung anbieten. Im Vordergrund stehen dabei besonders Lernmöglichkeiten, bei denen die Kinder und Jugendlichen trotz ‚Homeschooling‘ gemeinsam mit anderen arbeiten können. Um unter diesen besonderen Umständen erfolgreiche Arbeitsweisen entwickeln zu können, muss sowohl aufseiten der Lehrenden als auch der Lernenden der Wille zur Zusammenarbeit bestehen. Es müssen gemeinsam individuelle und passgenaue Lernpläne erarbeitet werden, die durch fortlaufendes, gegenseitiges Feedback immer weiter verbessert werden. Durch diesen gemeinsamen Prozess entstehen so aktuell nicht nur viele kreative Lösungen, sondern es werden auch die gegenseitigen Beziehungen gestärkt. Viele Schulen haben hierzu durchdachte und vorausschauende Konzepte vorgelegt. Es gibt beispielsweise Ansätze, bei denen die Lehrkräfte als Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter agieren, die täglich individuelle Beratungen und einzelne Lerncoachings für alle Schülerinnen und Schüler anbieten.

Warum ist es wichtig, dass der Deutsche Schulpreis die besten Schul-Konzepte auszeichnet?

Schulen sind heute mehr denn je gefragt, ein diversitätssensibler Lern- und Lebensort zu sein, soziale Integration zu fördern und angemessene Möglichkeiten zum Lernen zu schaffen. Sie sollen zum Abbau von Bildungsungerechtigkeit beitragen. Durch den Deutschen Schulpreis wird ein „Peer-to-Peer“-Ansatz der Professionalisierung gefördert: miteinander und voneinander lernen. Der Deutsche Schulpreis bietet ein Forum und Netzwerk, in dem gegenwärtige Herausforderungen und Zukunftsaufgaben der Schulentwicklung gebündelt und diskutiert werden. Dieser innovative Ansatz ermöglicht es den Schulen, aus der eigenen Praxis heraus neue Qualitätsmaßstäbe zu entwickeln.
 

Zur Person
Silvia-Iris Beutel ist seit 2006 Professorin am Institut für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik der Fa­kul­tät Er­zie­hungs­wis­sen­schaft, Psy­cho­lo­gie und Bildungsforschung an der TU Dort­mund. Im selben Jahr wurde sie in den Kreis der Ex­per­tin­nen und Experten des Deut­schen Schulpreises berufen. Als Gutachterin und Teil der Jury ist sie hierbei für die Bewertung der Leistungen und Konzepte der teilnehmenden Schulen zuständig. Außerdem ist Frau Prof. Beutel Mitglied im Programmteam der Deut­schen Schul­aka­demie Berlin und fachliche Lei­te­rin des Regionalbüros Dortmund des Deut­schen Schulpreises und der Deut­schen Schul­aka­demie.


Der Deutsche Schulpreis
Der Deutsche Schulpreis wird seit 2006 jährlich von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung gemeinsam mit der ARD und der ZEIT Verlagsgruppe vergeben. In dem Wettbewerb werden Schulen mit besonders gelungenen Schulkonzepten und hervorragender pädagogischer Praxis ausgezeichnet.

Der Deutsche Schulpreis 20|21 Spezial steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Bei der Preisverleihung mit dem Bundespräsidenten am 10. Mai werden die Preisträger in sieben Themenbereichen ausgezeichnet.

Weitere Informationen zum Deutschen Schulpreis

 

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