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Novum in der Theorie der kondensierten Materie

Internationales Team sagt außergewöhnlichen Drei-Teilchen-Zustand vorher

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Drei Personen stehen vor der Skulptur "Spektral-Ringe" auf dem Campus der TU Dortmund © Oliver Shaper​/​TU Dortmund
Prof. Götz Uhrig, Gary Schmiedinghoff und Dr. Leanna Müller haben ihre Erkenntnisse in Communications Physics veröffentlicht.

Ein Team der Fakultät Physik der TU Dortmund um Prof. Götz Uhrig hat gemeinsam mit Kolleg*innen des Los Alamos National Laboratory, USA, und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Köln, ein Festkörpersystem theoretisch analysiert und entdeckt, dass sich in diesem drei Teilchen auf neuartige Weise binden. Das Phänomen ist ein Novum in der Theorie der kondensierten Materie und wurde daher kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Communications Physics veröffentlicht.

In der Natur begegnen uns einfache und hochkomplexe gebundene Zustände in jeder Form von Materie. Ein Elektron ist zum Beispiel an den Atomkern eines Wasserstoffatoms gebunden. Die Kraft, die das bewirkt, ist die Anziehung zwischen zwei verschiedenen Ladungen nach Coulomb. Aber auch die großen Proteinmoleküle oder die DNA- und RNA-Moleküle, die aus vielen Tausenden Teilchen bestehen, werden durch die Coulombkraft zusammengehalten. Diese Kraft wirkt immer zwischen genau zwei Partnern: Bei Plus und Minus anziehend, bei gleichen Ladungen abstoßend. Solch eine Wechselwirkung heißt Paarwechselwirkung oder Zwei-Teilchen-Wechselwirkung.

Unbekannte Drei-Teilchen-Wechselwirkung entdeckt

Die Forscher*innen aus Dortmund, Köln und Los Alamos haben nun erstmals eine außergewöhnlichen Drei-Teilchen- Wechselwirkung vorhergesagt: ein Festkörpersystem, in dem sich drei Teilchen binden. „Die Bindung begründet sich in diesem Zustand nämlich nicht durch die Anziehung zwischen jeweils zweien dieser Teilchen, sondern sie taucht nur dann auf, wenn alle drei Teilchen präsent sind und zusammen wechselwirken“, erklärt Prof. Götz Uhrig.

Das Festkörpersystem, in dem das neue Phänomen gefunden wurde, ist ein antiferromagnetisches Spinleitersystem. In diesen Spinleitern sind die magnetischen Anregungen, sogenannte Triplonen, jene Teilchen, die miteinander magnetisch wechselwirken. Dr. Leanna Müller, die an der Fakultät Physik der TU Dortmund promoviert hat, hat die Drei-Teilchen-Wechselwirkung berechnet. Gary Schmiedinghoff, Doktorand der Fakultät, hat die Berechnungen entscheidend fortgesetzt und die Daten ausgewertet. „Erst die enge Zusammenarbeit meiner Arbeitsgruppe mit den Kolleg*innen in Los Alamos und Köln hat dazu geführt, dass wir diese Ergebnisse abgeleitet haben und ihre Vorhersagen für Experimente einordnen konnten“, betont Prof. Uhrig.

Experimenteller Nachweis soll mit Röntgenstrahlen gelingen

Dabei hat das Team auch konkrete Vorhersagen gemacht, wie der unerwartete Zustand aus drei Triplonen zukünftig in realen Materialien experimentell nachgewiesen werden kann: Dazu müssen hochenergetische Photonen –Lichtteilchen – auf eine Probe des Materials geschossen werden, um dann zu messen, in welche Richtungen und mit welchen Energien sie weiterfliegen. Die Möglichkeiten dieser experimentellen Technik (resonante inelastische Röntgenstreuung) erweitern sich derzeit rasant, sodass ein experimenteller Nachweis des Dreierbundes aus magnetischen Anregungen in den nächsten Jahren erwartet werden kann.

Zur Publikation

Die Röntgenstrahlung (blauer Pfeil) wird vom Material aufgenommen und überträgt Energie auf die Atome. Wenn dabei ein Drei-Teilchen-Zustand (rot) erzeugt wird, ist eine besonders starke Streuung der Strahlung messbar (roter Pfeil und rote Darstellung rechts).
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