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Fachkräftesituation in der Kinder- und Jugendhilfe in NRW

Personalnot in NRW-Kitas bleibt für viele Jahre

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Drei Kleinkinder stehen vor einer niedrigen Ablage mit Spielsachen. Eines der Kinder greift nach einem Stift, der auf der Ablage liegt. © Rawpixel.com​/​AdobeStock

Im nordrhein-westfälischen Landtag stellte Prof. Thomas Rauschenbach von der TU Dortmund am 22. Februar eine neue Studie vor: Der Forschungsverbund Deutsches Jugendinstitut/TU Dortmund hatte unter Förderung des NRW-Familienministeriums die Fachkräftesituation in der Kinder- und Jugendhilfe in NRW erstmals umfassend analysiert. Die Studie verdeutlicht einen dringenden Handlungsbedarf, da die vorhandenen Personalreserven nahezu ausgeschöpft sind und sich die Personallücke in absehbarer Zeit nicht von selbst schließen wird: Bis zum Jahr 2030 könnten bis zu 20.200 Fachkräfte fehlen.

Die Studie nimmt die Kinder- und Jugendhilfe und ihre Arbeitsfelder empirisch in den Blick: Die Kindertagesbetreuung ist dabei der größte Bereich, hinzu kommen die Hilfen zur Erziehung, die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Jugendämter und ihre sozialen Dienste. Das umfangreiche Datenmaterial bietet wichtige Einblicke in die schwierige Personalsituation – und soll auch die Grundlage für ein zukünftiges kontinuierliches Fachkräftemonitoring bilden.

Die Studie attestiert der Kinder- und Jugendhilfe in NRW den höchsten Personalstand aller Zeiten: 2020/2022 lag die Zahl der pädagogisch tätigen Personen bei rund 193.000, das entspricht einem Zuwachs von 44 Prozent seit 2010/11. Den größten Personalzuwachs verzeichnen dabei die Kindertageseinrichtungen (Kitas) mit einem Plus von 59 Prozent. Dennoch sieht sich das in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsene System mit dem Fachkräftemangel konfrontiert: Durch den kontinuierlichen Ausbau der Kita-Plätze und die insgesamt weiter steigende Nachfrage nach Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ist der Personalbedarf deutlich gestiegen. So prognostiziert die Studie je nach Szenario einen zusätzlichen Personalbedarf im Kita-Bereich zwischen rund 9.000 und rund 20.000 Beschäftigten bis 2030. Gleichzeitig signalisieren die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2022 eine Vollbeschäftigung im Teilarbeitsmarkt Kinder- und Jugendhilfe, was die Rekrutierung zusätzlicher Arbeitskräfte erschwert. Hinzu kommt, dass die Anzahl der Ausbildungsanfänger*innen seit 2010/11 zwar spürbar gestiegen ist, zugleich aber auch ein nennenswerter Anteil der Anfänger*innen die Ausbildung ohne Abschluss verlässt.

Hoher Krankenstand, eingeschränkte Betreuung

Durch den anhaltenden Personalmangel sei auch die Belastung des vorhandenen Personals gestiegen, zeigte Prof. Thomas Rauschenbach, Seniorprofessor an der Fakultät Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bildungsforschung der TU Dortmund, auf: „Die zunehmende Arbeitsbelastung führt zu gesundheitlichen Risiken und Fehlzeiten. In der Berufsgruppe der Kinderbetreuung verzeichnen wir überdurchschnittlich hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten von durchschnittlich knapp 30 Tagen.“ Die Folge von Personalmangel und hohem Krankenstand sei, dass Kitas häufig kurzfristig die Betreuung reduzieren müssten, weil nicht genügend Personal anwesend sei. So zeigen Auswertungen der Meldungen zu Personalengpässen, dass beispielsweise im März 2023 fast jede siebte Kita ihr Betreuungsangebot aufgrund von Personalengpässen einschränken musste.

Die NRW-Familienministerin Josefine Paul sagte bei der Vorstellung der Ergebnisse: „Der Fachkräftemangel ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich in vielen Branchen zeigt. Mit der Studie liegt nun endlich und erstmals eine verlässliche und breite Datenbasis für die Sozial- und Erziehungsberufe in Nordrhein-Westfalen vor. Viele Befunde decken sich dabei mit den Erfahrungen, die die Kitas – aber auch weitere Dienste und Einrichtungen und nicht zuletzt die Menschen, die davon betroffen sind – vor Ort machen. Wir werden auf Grundlage der Studienergebnisse unsere bestehenden Maßnahmen weiter ausschärfen und an dem Ziel arbeiten, das schnell wachsende System personell zukunftsfest aufzustellen. Positiv ist, dass es nach wie vor viele Menschen gibt, die sich für einen der vielseitigen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe interessieren. Um diese Personen möchten wir gezielt werben.“

Das Forschungsprojekt wurde durch das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

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