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Studie veröffentlicht

Wie ChatGPT über den Klimawandel berichtet

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Das Bild zeigt eine Frau von hinten mit einem Smartphone in der Hand auf dessen Bildschirm das Logo von ChatGPT zu sehen ist. © Diego​/​stock.adobe.com

Chatbots wie ChatGPT sind mittlerweile in der Lage, strukturierte Texte verschiedener Gattungen zu erzeugen. Dafür greift die Künstliche Intelligenz (KI) auf Informationen aus dem Internet zurück. Insbesondere zum Thema Klimawandel finden sich dort viele Informationen, die aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar sind. Prof. Bernd Sommer und Sarah von Querfurth von der Fakultät Sozialwissenschaften haben daher in einer explorativen Studie untersucht, welches Narrativ ChatGPT zum Klimawandel generiert. Ihre Studie ist Anfang März in der Fachzeitschrift „Ambio. A Journal of Environment and Society“ erschienen, die im Namen der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben wird.

ChatGPT wird mittlerweile auch für Bildungszwecke genutzt, etwa von Schüler*innen und Studierenden als Unterstützung bei der Erstellung von Hausaufgaben, Vorträgen oder Präsentationen. „Dadurch verändert sich die Art und Weise, wie Informationen in der Gesellschaft generiert und verarbeitet werden. Das Wissen zu und die Wahrnehmung von gesellschaftlich relevanten Themen wie dem anthropogenen Klimawandel können so auch von ChatGPT beeinflusst werden“, erklärt Prof. Bernd Sommer, Umweltsoziologe mit dem Schwerpunkt Transformationsforschung. Gemeinsam mit Sarah von Querfurth hat er daher analysiert, welches Narrativ ChatGPT in seinen Texten zum Klimawandel erzeugt. „Dies ist insofern relevant und interessant, als dass sich im Internet zahlreiche Falschinformationen und bewusste Desinformationen zum Klimawandel finden, die nicht dem wissenschaftlichen Konsens entsprechen. Auch zu der Frage, welche Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise ergriffen werden sollten, gibt es sehr unterschiedliche Positionen“, sagt Sarah von Querfurth.

Erzählungen entsprechen dem wissenschaftlichen Konsens

Zur Erstellung der Texte haben die beiden ChatGPT recht allgemein aufgefordert: „Write a story on climate change.“ Ihre Überlegung dabei war, dass kein spezifisches Fachwissen zur Erzeugung der Geschichten vorhanden sein muss. Für ihre explorative Studie haben die beiden Forscher*innen den Chatbot so lange neue Geschichten generieren lassen, bis eine „theoretische Sättigung“ erreicht war: Nach 14 Geschichten war ChatGPTs Narrativ zum Klimawandel gewissermaßen auserzählt. Es variierten dann nur noch oberflächliche Details wie die Namen von Akteur*innen, substanzielle neue Inhalte kamen nicht mehr dazu.

Alle Erzählungen entsprachen dem wissenschaftlichen Konsens und enthielten keine Aspekte der Klimawandel-Leugnung. Sie ähnelten stark dem Diskurs, der vorherrschend von politischen Akteur*innen, internationalen Organisationen und angesehenen Medien präsentiert wird. Auffällig war laut der beiden Sozialwissenschaftler*innen, dass die KI alle ihre Geschichten über den faktischen Klimawandel der Gegenwart in einem fiktiven Umfeld verortet habe, ohne explizit nach einer fiktiven Geschichte gefragt worden zu sein. Die Geschichten folgten dabei jeweils der gleichen Struktur: Ausgangspunkt ist ein harmonischer Zustand, in dem Menschen im Gleichgewicht mit ihrer natürlichen Umwelt leben. Aufgrund der Nutzung fossiler Brennstoffe und eines Raubbaus an den natürlichen Ressourcen wird dieser Zustand gestört. Nach anfänglichem Zögern entscheiden sich die Menschen in ChatGPTs Geschichten dafür, Maßnahmen zu ergreifen und insbesondere erneuerbare Energien und andere saubere Technologien zu nutzen. Die Geschichten gingen zumeist gut aus – am Ende war der harmonische Zustand wiederhergestellt.

ChatGPT generiert entpolitisierte Geschichten zum Klimawandel

„Damit bringt ChatGPT vor allem Ideen der ökologischen Modernisierung hervor und steht dem aktuellen Diskurs nahe, der sich hauptsächlich auf technische Lösungen für die Klimakrise fokussiert“, sagt Sarah von Querfurth. Insgesamt blieben gesellschaftlich relevante Aspekte der Debatte jedoch unterbeleuchtet, insbesondere Fragen der Verursachung, Vulnerabilität und Mitigation, also der Abschwächung des Klimawandels. „ChatGPT hat keine spezifischen Industrien, Verursacherstaaten oder besonders emissionsstarke Praktiken mit der Klimakrise in Verbindung gebracht. Fragen der Klimagerechtigkeit wurden also kaum adressiert, stattdessen sind abstrakte Menschen, die nicht genauer benannt werden, für den Klimawandel verantwortlich. In diesem Sinne lassen sich die Geschichten von ChatGPT auch als entpolitisiert beschreiben“, resümiert Prof. Bernd Sommer.

An diesen Befund anknüpfend haben die beiden Forscher*innen in einem weiteren Schritt ChatGPT explizit aufgefordert, Geschichten zum Thema Klimagerechtigkeit zu formulieren. Die Grundstruktur der Erzählungen änderte sich dadurch nicht, aber die unterschiedlich starke Betroffenheit durch Klimafolgen, intergenerationelle Aspekte sowie der divergierende Beitrag zur Verursachung der Krise wurden in diesen Geschichten nun angesprochen.

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