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50 Jahre – 50 Köpfe: Drei Fragen an Altkanzler Dr. Klaus Anderbrügge zum Wandel der Hochschulgesetze

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Portrait Klaus Anderbrügge © Martina Hengesbach
Portrait von Klaus Anderbrügge

Im Verlauf der 50-jährigen Geschichte der Technischen Universität Dortmund gab es in NRW bereits sieben verschiedene Hochschulgesetze. Dr. Klaus Anderbrügge, Kanzler der Universität Dortmund von 1989 bis 1995, hat sich als Jurist auch mit dem Hochschulverfassungsrecht des Landes befasst. Im Interview erzählt er, was sich in 50 Jahren für die Hochschulen in NRW rechtlich geändert hat.

Herr Anderbrügge, die Universität Dortmund war vor 50 Jahren die achte Universität im Land Nordrhein-Westfalen. Wie sah die Gesetzeslage für die Hochschulen damals aus?

Als die Universität Dortmund 1968 eröffnet wurde, gab es in Nordrhein-Westfalen noch kein Hochschulgesetz. Auch andere Bundesländer hatten kein solches Gesetz. In Artikel 16 der Landesverfassung von 1950 war lediglich festgeschrieben, dass die Universitäten das Recht auf „eine ihrem besonderen Charakter entsprechende Selbstverwaltung“ haben. Dies betraf allerdings nur die Gestaltung von Forschung und Lehre als die Kernbereiche von Wissenschaft. Der gesamte fiskalische Bereich blieb Sache des Staates und gehörte zur Kuratorialverwaltung. Die Mittelbewirtschaftung erfolgte ausschließlich im Rahmen des Landeshaushaltsplans mit seinen Kapiteln und Titeln. Der Kurator war als Vertreter des Landes für den Haushalt verantwortlich.

 

Wie lange dauerte dieser Zustand an?

1970 trat das „Gesetz über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen“ in Kraft. Damit hatte NRW das bundesweit erste Hochschulgesetz. Die Hochschulen hatten eine „janusköpfige“ Rechtsstellung, sie waren Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich Einrichtungen des Landes. Wesentliche Entscheidungen blieben nach wie vor dem Land vorbehalten, z.B. über die Einrichtung neuer Studiengänge. Grundordnung und Prüfungsordnungen, ja selbst die Einschreibungsordnung mussten vom Land genehmigt werden. Berufungen von Professorinnen und Professoren erfolgten wie zuvor durch das Land –  ungeachtet des „Selbstergänzungsrechts“ der Universitäten. Ein Aspekt aber änderte sich: Aus der Kuratorialverwaltung wurde eine Einheitsverwaltung, in der die Angelegenheiten des akademischen und des staatlichen Bereichs unter einem Dach zusammengeführt wurden. Fortan konnte der Rektor im kollegialen Rektorat auch über den Haushalt mitentscheiden. Und der Kanzler war befugt, auch über akademische Angelegenheiten mitzuentscheiden. So ist es bis heute.

 

Wie hat sich das Hochschulgesetz in NRW seitdem entwickelt?

Seither galten für die Universitäten in NRW sechs weitere Hochschulgesetze, teils mit politisch eingefärbten Titeln. Sie spiegeln die vielfältigen Veränderungen in der deutschen Hochschullandschaft wider. 1979 wurde das Hochschulgesetz unter Berücksichtigung des Gesetzes über die Zusammenführung der Pädagogischen Hochschulen mit den anderen wissenschaftlichen Hochschulen des Landes von 1978 grundlegend geändert und hieß nun „WissHG“. 1993 wurde es mit weiteren Änderungen umbenannt in „Universitätsgesetz“. 2000 folgte das „Gesetz über die Hochschulen des Landes“, das nun gleichermaßen für Universitäten und Fachhochschulen galt. Vier Jahre später trat das „Hochschulreform-Weiterentwicklungsgesetz“ in Kraft, gefolgt 2006 vom „Hochschulfreiheitsgesetz“. Seit 2014 gilt das „Hochschulzukunftsgesetz“ (HZG). Ein achtes Hochschulgesetz ist in Arbeit: Die Eckpunkte der Landesregierung zur Novellierung des HZG sind bereits veröffentlicht. Vorreiter war NRW übrigens mit dem „Hochschulfreiheitsgesetz“ von 2006. Es schaffte zugunsten der Autonomie der Hochschulen die „Janusköpfigkeit“ ab und delegierte wesentliche Befugnisse, die bisher dem Ministerium vorbehalten waren, an das neue Organ Hochschulrat – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu der namentlich von Rektor Detlef Müller-Böling angemahnten „Entfesselung der Hochschulen“.

 

Zur Person:

Dr. Klaus Anderbrügge ist promovierter Jurist. Als Nachfolger von Gründungskanzler Dr. Heribert Röken war er von 1989 bis 1995 Kanzler der damaligen Universität Dortmund. Danach war er bis 2004 Kanzler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.