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Spotlight Forschung: Dr. Nina Schuster zur Einwerbung ihrer Eigenen Stelle

„Die Eigene Stelle bietet viele Freiheiten“

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Dr. Nina Schuster sitzt an ihrem Schreibtisch. © Aliona Kardash​/​TU Dortmund
Dr. Nina Schuster von der Fakultät Raumplanung forscht zur alltäglichen Aushandlung von Differenz.

Dr. Nina Schuster vom Fachgebiet Stadt- und Regionalsoziologie der Fakultät Raumplanung hat über die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erfolgreich das Modul Eigene Stelle im Förderprogramm Sachbeihilfe eingeworben. Das Modul ermöglicht es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, für zunächst drei Jahre Mittel einzuwerben, um eine eigene Stelle als Projektleiterin bzw. -leiter zu finanzieren. Im Rahmen der Förderung erforscht Dr. Nina Schuster die alltägliche Aushandlung von Differenz am Beispiel von Kleingartenvereinen in Dortmund und Leipzig. Warum sich diese Mikro-Öffentlichkeiten als Forschungsgegenstand eignen und welche Vor- und Nachteile eine Eigene Stelle mit sich bringt, erzählt sie im Interview.

Frau Dr. Schuster, wozu forschen Sie in Ihrem Projekt?

In meinem soziologischen Forschungsprojekt beschäftige ich mich damit, wie Differenz im städtischen Alltag ausgehandelt wird – und zwar vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheit, also der Ungleichverteilung materieller und symbolischer Güter, von Bildung und Lebenschancen, aber auch sozialer Ausgrenzung aufgrund von Vorurteilen und Diskriminierung. In meiner Forschung gehe ich davon aus, dass Konflikte nicht unbedingt als Probleme gedeutet werden müssen, sondern Kristallisationspunkte sind, die die Lebendigkeit der Gesellschaft verdeutlichen. Ich forsche ethnographisch zu Kleingartenvereinen in Dortmund und Leipzig, indem ich dort Praktiken und Ordnungen in den Blick nehme und untersuche, wie Konflikte ausgehandelt werden. Die Vereine eignen sich deshalb als Forschungsgegenstand, weil sich hier – so meine These – verschiedene gesellschaftliche Schichten und Menschen unterschiedlicher Herkunft auf Augenhöhe begegnen können. Das Projekt wird zeigen, ob und inwiefern die ‚großen‘ gesellschaftlichen Veränderungen und städtischen Entwicklungen auch im Mikrokosmos Kleingarten stattfinden, zum Beispiel in Form von Machtdynamiken, die den Kleingarten als soziales Feld prägen.

Welche Chancen eröffnet die Eigene Stelle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, wo liegen die Herausforderungen?

Zunächst einmal sichert mir die DFG-Förderung für drei Jahre eine volle Stelle mit festem Gehalt. Sie bietet mir dabei viele Freiheiten – sowohl in Bezug auf das Forschungsthema als auch auf die Arbeitsweise. Diese Freiheit hat aber auch ihre Tücken. Deswegen ist eine gute Selbstorganisation entscheidend. Am Anfang hat sich die Arbeit im Projekt tatsächlich ein bisschen wie eine zweite Dissertation angefühlt, da ich allein verantwortlich für den Erfolg des Projekts und nicht Teil einer Forschungsgruppe bin. Daher muss ich aktiv den wissenschaftlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen gestalten, zum Beispiel in der Arbeitsgruppe hier am Fachgebiet, aber auch darüberhinausgehend in meinen wissenschaftlichen Netzwerken. Letztendlich bietet mir mein Projekt die Möglichkeit, diejenigen wissenschaftlichen Fragestellungen zu untersuchen, die mich schon lange umtreiben. Das ist ein Aspekt, der mir viel Freude bereitet. Es ermöglicht mir darüber hinaus, mein Forschungsprofil zu schärfen, mich wissenschaftlich zu entfalten und neue Fragen auszuarbeiten.

Welche Tipps können Sie anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geben, die eine Eigene Stelle im Programm der DFG-Sachbeihilfe einwerben möchten?

Da man als Forscherin oder Forscher bei einer Eigenen Stelle auf sich allein gestellt ist, habe ich vor allem die folgenden Tipps: Zum einen macht es Sinn, die Finanzierung für eine studentische Hilfskraft mit zu beantragen. Ich schätze deren Mitwirkung in meinem Projekt sehr: Sie unterstützt mich im Forschungsprozess und wir tauschen uns regelmäßig aus. Zum zweiten ist es wertvoll, den Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen zu suchen, um über den Stand der eigenen Forschung zu reflektieren und mögliche Probleme oder neue Fragen zu diskutieren. Grundsätzlich erscheint es mir wichtig, genug Zeit für den Prozess der Antragstellung einzuplanen. So habe ich schon Jahre vorher Informationsveranstaltungen an der TU Dortmund besucht, um mir einen Überblick über Förderformate für Postdocs zu verschaffen. Nach meiner Entscheidung, mich für das Modul Eigene Stelle zu bewerben, habe ich frühzeitig begonnen, Ideen auszuarbeiten, die ich auch in Vorträgen und Publikationen zur Diskussion gestellt habe. 2015 habe ich dann meinen ersten Antrag bei der DFG eingereicht, sieben Monate später bekam ich eine Ablehnung. Das ist allerdings nichts Ungewöhnliches, außerdem wurde ich zur Neueinreichung aufgefordert. Beide Gutachten waren sehr wertschätzend und konstruktiv, und so habe ich es geschafft, etwa ein halbes Jahr später meinen überarbeiteten Antrag neu einzureichen. Fünf Monate später habe ich die Förderungszusage erhalten. Welche Freude – und welch ein Erfolg!

 

Zur Person:

  • 1994-2001 Studium Soziologie mit den Nebenfächern Spanisch und Französisch an der Phillips-Universität Marburg mit dem Abschluss Magistra Artium (M. A.)
  • 2002-2004 wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrbeauftragte an den Universitäten Kassel und Marburg
  • seit 2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Stadt- und Regionalsoziologie an der Fakultät Raumplanung der TU Dortmund
  • 2010 Promotion im Fach Soziologie an der Phillips-Universität Marburg
  • seit 2018 Leiterin des DFG-geförderten Projektes „Sozialer Wandel und der alltägliche Umgang mit Differenz in der Stadt: Banale Transgression im Kleingarten“

 

Weitere Informationen:
DFG-Sachbeihilfe, inkl. Modul Eigene Stelle 
Unterstützungsangebote für Postdocs
Referat Forschungsförderung

 

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